86 —
Hünnebach lachte. „Unser Pfarrer Bock ist für
die Einfalt im sauberen Sonntagshabit!“
„Ach was, sauberes Sonntagshabit — hab'
Arme genug, aber die kenn' ich, sind keine Land—
streicher, keine Tagediebe.“
„Da gibt es nun Arbeit für den Herrn Vikar,“
meinte Rolttmann. „Sie müssen doch auch für den
Winter Fürsorge treffen.“
„Der Vikar? Hat keine Zeit, muß den halben
Tag Kaufmannskinder unterrichten, den andern halben
Tag mit seinem Herrgott hadern. Was die Für—
sorge betrifft für den Winter, so kenn' ich den Weg
durchs Tor in die Stadt und werde ihn denen
weisen, die Fürsorge brauchen.“
„Aber, Herr Pfarrer, soll das heißen —?“ rief
ärgerlich Ritter.
„Ich bin der Pfarrer von Sankt Johannis
und der Seelsorger für meine Gemeinde und für
die steh' ich ein. Aber das zugezogene Volk, der
Sauerteig, der mir Gärung in meine Gemeinde
bringt, den weis ich dahin, wo er kein Unheil mehr
anrichten kann, wo es schon Sauerteig genug gibt;
uns sollen sie ungeschoren lassen.“
Feldmann schüttelte den Kopf. „Pfarrer,
Pfarrer! Ihr habt eine gar böse Meinung von
unserer Stadt.“
Ritter beugte sich zu Rottmann und fragte
leise: „Von welchem Vikar ist die Rede?“
Rottmann antwortete: „Von Gotthold Weber,
Vikar von Sankt Johannis. Er ist ein kluger Kopf,
paßt aber kaum in sein Habit, wenigstens nicht nach
Sankt Johannis an die Seite des Pfarrers Bock.“
„Was soll es heißen, daß der Pfarrer so giftig