fullscreen: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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An die Fersen Hans Sachsens hefteten sich, wie leicht erklärlich, 
Leute verschiedenen Schlages, darunter solche, die sich nicht scheu- 
ten, mit seinen Werken auf ihren Namen in der literarischen Welt 
Staat zu machen; manchmal mag auch die in früherer Zeit gang- 
bare naive Auffassung vom literarischen Eigentum die Aneignung 
seiner geistigen Arbeit als etwas Unschuldiges haben erscheinen 
lassen. 1! Der Schulmeister Zihler (oben S. 47—48) ist uns noch in 
frischer Erinnerung. Er war jedoch nicht der erste auf diesem Wege. 
Schon. zu Lebzeiten Hans Sachsens hatte Laurentius Rappolt, dessen 
„Hecastus“ 1549 zu Nürnberg deutsch gespielt wurde, vielleicht ein 
Plagiat an Hans Sachs begangen.“ Das Meisterstück eines Plagiators 
leistete aber Georg Lucz (Lutz) in Wien, Die Residenzstadt an der 
Donau hatte schon am 24, Februar 1568 im Zeughaus eine mit vielem 
Beifall aufgenommene Aufführung der Tragödie „Von den sechs 
Kempffern“ — das Stück des Hans Sachs — erlebt. Im Jahre 1579 
nun widmete der Trabant Lucz diese Tragödie dem Erzherzog Fer- 
dinand von Tirol als sein eigenes Werk. Erzherzog Ferdinand, der 
Gemahl der Philippine Welser, führte in Innsbruck eine glänzende 
Hofhaltung, er war mit Vorliebe für das Schauspielwesen erfüllt 
und hat sich selbst als Verfasser des „Speculum vitae humanae“ dra- 
matisch betätigt. Schon im Jahre 1568 hatte ihm Benedikt Edelpöck 
seine Komödie von der freudenreichen Geburt Jesu Christi gewidmet. ® 
In dem von Luecz überreichten Stücke ist der Text des Hans Sachs 
ganz beibehalten. Bei den Abweichungen handelt es sich bloß um 
Sehreib- oder Lesefehler und nur der Schluß, wo der Name Sachsens 
vorkommt, ist geändert. Den Mangel an eigener geistiger Mit- 
wirkung suchte Lucz durch einen reich mit Gold verzierten Leder- 
1 Vgl. Die Grenzvoten, 54. Jg. 1. Viertelj., 1895, S. 173. Christian 
Rösener eignet sich 1589 Hans Sachsens „Fechtspruch“ an, Über ein Plagiat 
an dem „hell-bad“ — wahrscheinlich aus dem Jahre 1622 — vgl. Hans Sachs, 
he. von Keller und Goetze, 25, S. 114 (Nr. 1012), S. 654. 
2 Prölß, Gesch. der dramat. Lit. 1, S. 100. Goedeke, Grundr. 92, 
378 (k), verweist auf Georg Macropedius, ebenso H. Holstein in der Allg. 
deutschen Biogr., 27, Leipzig, 1888, S. 302, wo auch die auffallende Über- 
einstimmung des „Hecastus“ von Rappolt mit dem des Hans Sachs berührt wird. 
3 Vgl. Jakob Minor in der Einleitung zur Ausgabe des „Speculum vitae 
humanae“ (Neudrucke deutscher Literaturwerke des 16. und 17. Jahrh., 79—80, 
Halle. 18829). S. XLVI—XLVU.
	        
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