Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1917 (1917 (1919/20))

Schulen 
129 
letzten Jahren zugewanderten Bevölkerung zu den ländlichen Heimatgebieten und in den besonderen Einkaufs⸗ 
vergünstigungen, welche den Bahnbeamten zu Gebote standen. „Von einer Unterernährung“ schließt der Bericht 
des Dr. Behrmann, „kann in meinem Schulbezirke nicht die Rede sein; in den ersten Kriegsjahren bestand, 
wie zur Friedenszeit, eine UÜUberernührung, in dem abgelaufenen Schuljahre sicher eine normale und hinreichende 
Ernährung.“ 
Dr. Steinhardt berichtet: „Soweit der allgemeine Eindruck einen Schluß zuläßt, hat sich ein 
schädlicher Einfluß des Krieges, bezw. der durch den Krieg veranlaßten Ernährungsschwierigkeiten, auf den 
allgemeinen Gesundheitszustand der untersuchten Schulkinder nicht feststellen lassen. Die Zahl der unterernährten, 
schwächlichen, blutarmen Kinder ist sicherlich nicht größer als im Frieden, auffallenderweise hat sogar eine nicht 
unbedeutende Zahl von Kindern ein hervorragend gutes Aussehen gezeigt. Dieser günstige Eindruck drängte sich 
ganz besonders mir auf, der ich infolge Abwesenheit im Feld zwei Jahre lang keine Untersuchungen vorgenommen 
hatte und nun bei Wiederaufnahme meiner Schularzttätigkeit — entgegen gehegten Befürchtungen — aufs 
angenehmste überrascht war von dem guten Aussehen, von dem guten Allgemeinbefinden der Kinder, das keine 
Veränderung gegen die Friedensverhältnisse bot. Geringe Verschiebungen in den Körperlängen und Brustmaßen 
dürften bei dieser Beobachtung, die in gleicher Weise auch anderwärts gemacht worden ist, nicht ins Gewicht 
fallen, zumal sie sich innerhalb physiologischer Grenzen bewegen. Von etwas größerer, wenn auch keineswegs 
ausschlaggebender Bedeutung wären nur objektive Gewichtsfeststellungen, die aber, wegen mangelnder Wagen, 
hier noch immer nicht gemacht werden können.“ 
In gleichem Sinne äußern sich über den Ernährungszustand ihrer Schulkinder die Schulärzte 
Dr. Rothmann und Schmidt. 
Berichterstatter hat zwar im Berichtsjahre zu umfangreicheren Beobachtungen an Schulkindern keine 
Gelegenheit gehabt; dagegen ist er in zahlreichen Kleinkinderbewahranstalten gewesen und hat dort ebenfalls einen 
durchaus günstigen Eindruck von dem Aussehen der Kinder empfangen, der sich von dem der Friedensjahre nicht 
unterschied. Im laufenden Schuljahre hat er die sämtlichen Kinder der Hilfsschulen untersucht und auch an 
diesem — auch körperlich gewiß nicht bevorzugten — Schülermateriale den gleichen Eindruck gewonnen. Das 
schulärztliche Urteil kann somit nur dahin gehen, daß die weitaus überwiegende Mehrheit der Schul— 
kinder in ihrer Ernährung unter den Kriegsverhältnissen nicht gelitten hat. Eher kann, 
zumal bei den größeren Kindern, von einem wachstumshemmenden Einfluß gesprochen Werden. wenn 
auch dieser wohl nur einen Bruchteil der Schulkinder betrifft. 
Dieses durchaus erfreuliche Ergebnis an der Mehrheit der Schulkinder enthebt aber die Schulärzte in 
beiner Weise der Verpflichtung, die aufmerksame Beobachtung und, wo erforderlich, die besondere Fürsorge dem 
prozentual zwar kleinen, aber nach absoluten Zahlen gemessen, doch recht nennenswerten Bruchteil der schwäch— 
lichen, mit Note IIl bemessenen, als blutarm, mager usw. bezeichneten Kinder fortgesetzt zuzuwenden. Soweit 
solche Kinder unter günstigen Verhältnissen des Hauses und der Familie leben, werden auch sie besonderer 
Fürsorgenahme seitens der Schule nicht bedürfen. Anders hingegen verhält es sich bei den Kindern dieser Gruppe, 
denen ein minder günstiges Los zugefallen ist. Erscheint nach den vorliegenden Berichten auch die Zahl solcher 
Kinder mit Rückblick auf die Friedensjahre nicht vermehrt, so ist doch die Frage, ob diese kleine Zahl unter der 
Ungunst der Zeit nicht mehr leidet als es in Friedenszeiten der Fall wäre. Die Vermehrung körperlicher Mängel, 
die wir als Folgen verschlechterter häuslicher Pflege anzusehen geneigt sind — Ekzem, Erkrankungen der Augen—- 
lider und Bindehaut — müssen immer ein Fingerzeig bleiben, an dem man nicht achtlos vorübergehen wird. 
Auf diese Kinder wird daher die schulärztliche Obhut ihr besonderes Augenmerk zu richten haben. RP 
Schulzahnklinik. Infolge der Kriegszeit mußte der Betrieb der Klinik weiterhin 
auf 3 Nachmittage beschränkt werden. Da der Leiter der Klinik sowie der II. Schulzahn- 
arzt noch im Heeresdienste standen, arbeiteten wieder zufolge Vertrags des Stadtmagistrates 
mit dem Sanitätsamte des bayer. III. A.K. je 2 Kriegszahnärzte Montags, Mittwochs und 
Freitags nachmittags von 220 Uhr. 
Zahlenmäßige Angaben über die Tätigkeit der Schulzaähnklinik im schulärztlichen 
Sonderbericht und im Statist. Jahrbuch für 1917/18. 
Schulschwestern. Im März 1917 wurde zunächst für Kriegsdauer zur Unter— 
stützung der bereits tätigen Schulschwester eine zweite angestellt, damit Erkundigungen über 
die wirtschaftliche Lage, die Wohnungs- und Ernährungsverhältnisse derjenigen Kinder 
eingezogen werden können, welche durch Unsauberkui, mangelhafte Bekleidung, schlechte 
Ernährung, lässigen Schulbesuch usw. in der Schule auffallen oder mit Ungeziefer behaftet 
sind. Die Stadt wurde in zwei Bezirke eingeteilt, so daß der einen Schulschwester die 
Lorenzer, der anderen die Sebalder Seite zugewiesen werden konnte. Bei der großen Zahl 
4
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.