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andern lant“, so liegt gewiss die Annahme zunächst, dass solche in einer deutschen
Zunft herangebildete Arbeiter wohl in jenen Ländern und Städten, deren Kunstübung
der Krakauer sich am meisten näherte und von massgebenden Krakauer Meistern
besonders geschätzt wurde, vor allem ihre weitere Förderung gesucht haben werden.
Wie gerade die auch andern satzungsmässig vorgeschriebene Wanderschaft ausser den
Malern noch andere aus Krakau und Polen stammende Arbeiter nach dem deutschen
Westen führte und solche Kunstbeflissene an Stätten, die damals einer ganz hervor-
ragenden Stellung auf einem besonderen Gebiete sich erfreuten, Arbeit suchten und
fanden, lehren die Wochenrechnungen des Prager Dombaues, die unter den von
1372 bis 1378 genannten Steinmetzen der Dombauhütte längere Zeit einen Krakawer,
einen Polener Andreas und Petrus, einen Polener minor, einen Polak feststellen
lassen. Nächst dem Zuzuge auswärtiger Meister und der Wanderschaft polnischer
Kunstbeflissener in deutschen Gebieten kam der Verstärkung des deutschen Einflusses
besonders die Einführung ausländischer Kunstgegenstände, unter welchen die in
Deutschland angefertigten nach der Natur des Handelsverkehrs eine ganz hervor-
ragende Stellung einnahmen, ungemein zu statten. Die Einfuhr fremder Kunstware
scheint namentlich das Einkommen Krakauer Maler bedroht zu haben, gegen dessen
Schmälerung sich die Satzungen von 1499 mit der Bestimmung kehrten, dass, wenn
jemand Malereien auf Holz, Leinwand oder Papier brächte und dadurch das Hand-
werk schädige, die Zechmeister und Ratsdiener ausserhalb des Jahrmarktes die
Waren mit Beschlag belegen und fremde Maler nur „klein dingk off papiren brieffe
das dem hanttwergk nicht schedlich were“ auf den Märkten verkaufen dürften. Mit
dieser Verordnung, deren Erlassung zweifellos eine beträchtliche Einfuhr ausländischer
Malerarbeiten im weitesten Sinne des Wortes vorausgegangen sein muss, suchten die
Krakauer Meister den Vertrieb ihrer eigenen Arbeiten durch Fernhaltung eines
unbequemen Wettbewerbs zu sichern. Kamen daher seit 1490 Tafelbilder deutscher
Herkunft nur in geringerer Zahl nach Krakau, so war doch weit mehr, als es durch
dieselben möglich gewesen, deutscher Einfluss auf das Krakauer Kunstleben vermittelt
durch die noch zum Verkaufe zulässig erklärten ‚klein dingk off papiren brieffe“,
nämlich durch Holzschnitte und Kupferstiche; ihre Verbreitung hatte die Verwendung
als Vorlagen für die Maler und verschiedene Kunsthandwerker im Gefolge und
bedingte ein Abhängigkeitsverhältnis der Krakauer Malerei von dem deutschen Holz-
schnitte und Kupferstiche, die gerade am Ausgange des Mittelalters ihre viel-
verheissenden ersten Blüten ansetzten. War doch nahezu alles, was auf dem Gebiete
der vervielfältigenden Künste bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Krakau
geleistet wurde, von Deutschland abhängig. Buchdruck und Buchhandel gewannen
durch die Betriebsamkeit der Deutschen an Umfang und Bedeutung, und die
Abhängigkeit der Buchillustration von deutschen Vorbildern erhellt am besten die
Thatsache, dass Nik. Scharfenberger für seine Bibelausgabe von Luft in Wittenberg
die Holzstöcke erwarb, die einst für die bildliche Ausstattung der Lutherischen
Bibel verwendet worden waren. Die Benützung von Stöcken des Jost Amman, Hans
Schäufelein, Burgkmair und anderer deutschen Meister, sowie die Berufung des Holz-
schneiders Brückner aus Breslau in die Lazar’sche Druckerei beleuchten den Einfluss,
welchen Deutschland durch die Schöpfungen der vervielfältigenden Künste auf das
Krakauer Kunstleben gewinnen musste.
Die Sprache, welche die im Codex picturatus aufgezeichneten Krakauer Zunft-
nrdnungen im Zusammenhange mit anderen gerade aus ihnen sich ergebenden That-