Objekt: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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nur an einzelne Leute wenden, fallen nicht unter das Gesetz, auch wenn 
ihr moralischer und wirtschaftlicher Tatbestand an sich unlauterer Wettbe— 
werb ist. Selbstverständlich kann auch das Angebot, verfälschter Futter— 
mittel an einen unbestimmten Personenkreis, an die OÖffentlichkeit gerichtet 
werden, z. B. in Form von Zirkularen, Inseraten usw.; aber sin der 
Mehrzahl der Fälle, und wohl meistens gerade dort, wo eine Kontrolle 
am notwendigsten ist, wird ein „öffentliches“ Angebot nicht vorliegen, 
sondern der Verkäufer wendet sich an den einzelnen Käufer mit einem 
selbständigen Angebot, und damit entfällt die Anwendbarkeit des sonst 
sachlich wohl zuständigen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. 
Nun enthält dieses Gesetz eine Bestimmung, die dahin geht, daß der 
Bundesrat das Recht hat zu bestimmen, daß gewisse Waren nur uͤnter 
ausdrücklicher Angabe ihrer Menge gehandelt werden dürfen. 
Es fragt sich aber, ob es erstrebenswert ist, dem Bundesrat außer 
dieser Befugnis bezüglich der Angabe der Mengenverhältnisse die fernere 
Befugnis beizulegen, daß er Vorschriften erlassen dürfe, wonach gewisse 
Waren (in unserem Falle Futtermittel) nur unter genauer Bezeichnung 
ihrer physikalischen und chemischen Zusammensetzung gehandelt werden 
dürfen. Es ist das eine ebenso wichtige wie schwierige Frage, die man 
auch wohl die Frage der unbedingten Deklarationspflicht nennen kann. 
England hat eine solche gesetzliche Vorschrift folgenden Wortlautes, welches 
Gesetz sich angeblich gut bewährt haben soll: 
Das englische Geset über Dünge- und Futtermittelverkauf 
vom 22. September 1893 
Verkäufer von auf dem Wege der Fabrikation hergestellten Viehfuttermitteln 
(hierunter ist Futter für Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen und Pferde verstanden) 
müssen in gleicher Weise Fakturen ausstellen, welche den Namen des betreffenden 
Futtermittels, eine Angabe, ob es aus einem Stoff oder Samen, oder aus mehreren 
Stoffen und Samen hergestellt ist, enthalten müssen: für diese Angaben ist der Verkäufer 
gleichfalls haftbar. 
Wenn Viehfutter unter einem Namen verkauft wird, aus welchem man folgern 
muß, daß es aus einer oder mehreren bestimmten Stoffen oder Samen ohne jede 
weitere Beimischung hergestellt ist, so übernimmt damit der Verkäufer die Haftbarkeit 
für die Reinheit des bekreffenden Futtermittels, also für die Herstellung nur aus den 
betreffenden Stoffen oder Samen. Außerdem ist der Verkäufer bei jedem Futter— 
mittel auch dafür haftbar. daß der betreffende Stoff sich überhaupt zu Fütterungs— 
zwecken eignet. 
Wenn der Verkäufer in der Faktura oder in Geschäftzirkularen und Annoncen 
irgend eine Angabe über den Gehalt der betreffenden Futtermittel an Nährstoffen und 
sonstigen Stoffen macht, so ist er für diese Angabe haftbar. 
Wenn ein Verkäufer, von Dünge- oder Futtermitteln es unterläßt, ohne ge— 
nügende Entschuldigung bei, vor oder gleich nach der Lieferung die vorgeschriebene 
Faktura zu geben, es herbeiführt oder zuläßt, daß die Faktura oder Beschreibung des 
von ihm verkauften Stoffes in einem wesentlichen Punkte zum Schaden des Käufers 
falsch ist, oder als Viehfutter einen Stoff verkauft, welcher fuͤr das Vieh schädliche Be— 
standteile enthält, oder welchem für, die Fütterung wertlose und beim Verkauf nicht 
angegebene Stoffe beigemischt sind, so soll er, unbeschadet aller zivilrechtlichen Ent— 
schädigungsansprüche im summarischen Verfahren im Erstfalle zu einer Strafe bis 
zu 20 S und in jedem weiteren Falle zu einer Strafe bis zu 50 8 verurteilt werden. 
Der Einwand, daß der Käufer, wenn er nur nach Analysengehalt gekauft hat. 
nicht geschädigt worden sei, ist unstatthaft.
	        
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