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nur an einzelne Leute wenden, fallen nicht unter das Gesetz, auch wenn
ihr moralischer und wirtschaftlicher Tatbestand an sich unlauterer Wettbe—
werb ist. Selbstverständlich kann auch das Angebot, verfälschter Futter—
mittel an einen unbestimmten Personenkreis, an die OÖffentlichkeit gerichtet
werden, z. B. in Form von Zirkularen, Inseraten usw.; aber sin der
Mehrzahl der Fälle, und wohl meistens gerade dort, wo eine Kontrolle
am notwendigsten ist, wird ein „öffentliches“ Angebot nicht vorliegen,
sondern der Verkäufer wendet sich an den einzelnen Käufer mit einem
selbständigen Angebot, und damit entfällt die Anwendbarkeit des sonst
sachlich wohl zuständigen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.
Nun enthält dieses Gesetz eine Bestimmung, die dahin geht, daß der
Bundesrat das Recht hat zu bestimmen, daß gewisse Waren nur uͤnter
ausdrücklicher Angabe ihrer Menge gehandelt werden dürfen.
Es fragt sich aber, ob es erstrebenswert ist, dem Bundesrat außer
dieser Befugnis bezüglich der Angabe der Mengenverhältnisse die fernere
Befugnis beizulegen, daß er Vorschriften erlassen dürfe, wonach gewisse
Waren (in unserem Falle Futtermittel) nur unter genauer Bezeichnung
ihrer physikalischen und chemischen Zusammensetzung gehandelt werden
dürfen. Es ist das eine ebenso wichtige wie schwierige Frage, die man
auch wohl die Frage der unbedingten Deklarationspflicht nennen kann.
England hat eine solche gesetzliche Vorschrift folgenden Wortlautes, welches
Gesetz sich angeblich gut bewährt haben soll:
Das englische Geset über Dünge- und Futtermittelverkauf
vom 22. September 1893
Verkäufer von auf dem Wege der Fabrikation hergestellten Viehfuttermitteln
(hierunter ist Futter für Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen und Pferde verstanden)
müssen in gleicher Weise Fakturen ausstellen, welche den Namen des betreffenden
Futtermittels, eine Angabe, ob es aus einem Stoff oder Samen, oder aus mehreren
Stoffen und Samen hergestellt ist, enthalten müssen: für diese Angaben ist der Verkäufer
gleichfalls haftbar.
Wenn Viehfutter unter einem Namen verkauft wird, aus welchem man folgern
muß, daß es aus einer oder mehreren bestimmten Stoffen oder Samen ohne jede
weitere Beimischung hergestellt ist, so übernimmt damit der Verkäufer die Haftbarkeit
für die Reinheit des bekreffenden Futtermittels, also für die Herstellung nur aus den
betreffenden Stoffen oder Samen. Außerdem ist der Verkäufer bei jedem Futter—
mittel auch dafür haftbar. daß der betreffende Stoff sich überhaupt zu Fütterungs—
zwecken eignet.
Wenn der Verkäufer in der Faktura oder in Geschäftzirkularen und Annoncen
irgend eine Angabe über den Gehalt der betreffenden Futtermittel an Nährstoffen und
sonstigen Stoffen macht, so ist er für diese Angabe haftbar.
Wenn ein Verkäufer, von Dünge- oder Futtermitteln es unterläßt, ohne ge—
nügende Entschuldigung bei, vor oder gleich nach der Lieferung die vorgeschriebene
Faktura zu geben, es herbeiführt oder zuläßt, daß die Faktura oder Beschreibung des
von ihm verkauften Stoffes in einem wesentlichen Punkte zum Schaden des Käufers
falsch ist, oder als Viehfutter einen Stoff verkauft, welcher fuͤr das Vieh schädliche Be—
standteile enthält, oder welchem für, die Fütterung wertlose und beim Verkauf nicht
angegebene Stoffe beigemischt sind, so soll er, unbeschadet aller zivilrechtlichen Ent—
schädigungsansprüche im summarischen Verfahren im Erstfalle zu einer Strafe bis
zu 20 S und in jedem weiteren Falle zu einer Strafe bis zu 50 8 verurteilt werden.
Der Einwand, daß der Käufer, wenn er nur nach Analysengehalt gekauft hat.
nicht geschädigt worden sei, ist unstatthaft.