Objekt: Zu Nürnberg

Ich habe mich all mein Leben lang meiner „Alt-Nürnberg— 
Schwärmerei“ nicht geschämt! Sagt doch auch das Dichterwort: 
„Drum paart zu Eurem schönsten Glück 
Des Schwärmers und des Wellmanns Blick!“ 
Solange meine leibeigenen Unterthanen den Gehorsam nicht 
kündigen, haben sie die Verpflichtung, ihren Gebieter wieder und 
immer wieder zu seinem Lieblingsgange zu geleiten. Seit vielen 
Jahren gehört es zu meinen unabänderlichen Gepflogenheiten, 
einen Spaziergang um den Stadtgraben zu machen, und immer 
finde ich wieder von neuem Reizvolles und Anregendes dabei. — 
Ebenso interessant ist ein Gang hinter der Mauer! — Es sieht 
nämlich dort ganz anders aus, als mancher Mauerstürmer, der 
vielleicht nie seinen Weg dahin genommen hat, sich einbildet; 
der Weg selbst in dem schmalen Durchgange ist sauber und gut 
zu begehen, und manch' Gutes, Liebes, Schönes ist in dem engsten 
Gäßchen zu finden. Es blüht und verblüht eben im Stillen, 
gleich dem Waldveilchen, ungesehen, ungeahnt vom Weltengetriebe 
— und doch so schön und lieblich wie die wohlgepflegten Blüten 
einer bewunderten Parkanlage. 
Gar oft nehme ich meinen Rückweg durch die schmalen 
Gäßchen hinter der Stadtmauer, weil mich das Leben und Treiben 
in diesen, nur vom „volke“ bewohnten Teilen der Stadt mehr 
anzieht, als die großen eleganten Cuxusbehausungen jener Straßen 
und Vorstädte, in denen der Reichtum das ureigene Volksleben 
verdrängt haäat, in denen die Hütte, das bescheidene Häuschen, 
dem Palaste haben weichen müssen. 
Leider macht sich auch in diesen abgelegenen Stadtwinkeln 
an einigen Stellen bereits der umgestaltende Geist der Neuzeit 
bemerkbar. Meinem Sehvermögen thut es ordentlich weh, hinter 
der Stadtmauer einzelne im „Richter'schen Steinbaukasten-Styl“ 
errichtete Bauten gewahren zu müssen, die nicht in den Rahmen 
ihrer Umgebung passen, die zu derselben in dem schrillen Miß— 
verhältnisse des „modernen Gigerl“ zum „Altnürnberger Bürger“ 
stehen. Zu meiner Befriedigung zählen jedoch diese „steinernen
	        
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