Inhaltsverzeichnis: Albrecht Dürer

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Achtundzwanzigstes Kapitel. Eine Totenklage. 
die Macht der Finsternis! Höre, du Ritter Christi, reit hervor 
neben den Herrn Christus, beschütze die Wahrheit, erlange die 
Märtyrerkrone, du bist doch auch schon ein altes Männiken. Ich 
hab von dir gehört, daß du dir selbst noch zwei Jahre zuge— 
geben, die du noch taugest, etwas zu thun. Dieselben lege wohl 
an, dem Evangelio zu gut, und laß dich dann hören, so wer— 
den der Höllen Pforten, der römische Stuhl nichts wider dich 
vermögen. Und ob du hier deinem Meister Christus gleichförmig 
würdest und Schande littest von den Lügnern dieser Zeit und 
darum eine kleine Zeit eher stürbest, so wirst du um so eher 
aus dem Tode ins Leben kommen und durch Christum verklärt 
werden. Denn so du aus dem Kelch trinkest, den er getrunken, 
so wirst du mit ihm regieren und richten mit Gerechtigkeit, die 
nicht weislich gehandelt haben. O Erasmus, halt dich hier, daß 
sich Gott dein rühme, wie von David geschrieben stehet, denn 
du magst's thun, fürwahr, du magst den Goliath fällen, dein 
Gott stehet bei der heiligen christlichen Kirche, wie er ja auch 
unter den Römischen stehet nach seinem göttlichen Willen. Das 
helf uns zur ewigen Seligkeit Gott Vater, Sohn und heiliger 
Geist, ein ewiger Gott. Amen.“ 
Dürer legte die Feder hin und wischte sich die Augen. Wie 
eine Erleichteung war es ihm, da er das volle Herz heraus— 
geschüttet hatte. 
Aber er hatte daran noch nicht genug: zur Kreide griff er 
alsbald und rief die Kunst herbei als Dolmetscherin seines Em— 
pfindens und als Trösterin in seinem Leid. Was da auf dem 
blaugrauen Grunde sichtbar ward, das war ein Cherub, der jam— 
mernd die Flügel nach vorn zusammenschlägt und sagen will: Ach 
daß du dahin bist, Martin Luther, du Prophet des Höchsten!
	        
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