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Beleg um so eher weg, als man nach dem Wortlaut jener
Textstelle sich mehr für eine Verwechselung eines nach
Ostern angesetzten, aber verschobenen kulmbacher Kapitels
mit der auf den Tag Augustins nach Eisleben berufenen
Versammlung entscheiden muß. Mannigfache Gründe sprechen
nämlich für eine solche Verschiebung. Das im Monat April
von Melanchthon an Lang nach Erfurt gerichtete Schreiben,
in dem die Erwartung eines Besuches Langs in Wittenberg
ausgesprochen wird, ist wegen des Fehlens der Tagesangabe
nicht direkt beweiskräftig. 231) Wichtiger ist schon der Um—
stand, daß Cuther einer derartigen Zusammenkunft keinerlei
Erwähnung thut, während er bereits in den ersten Tagen
des Mai dem Spalatin die direkte Mitteilung zukommen
läßt, daß Staupitz das Kapitel auf den 28. August nach
Eisleben berufen hat, um die Bürde seines Amtes abzu—
legen.?5) Dazu treten innere Motive. Am 15. März 1520
schickte Venetus dem Generalvikar die direkte Aufforderung,
Cuther Einhalt zu thun.?s6) Das in scheinbar harmlosen
und aufrichtigen Worten abgefaßte Schriftstück war voll
versteckter Hiebe und Staupitz verstand den General in Rom
wohl, wenn dieser auf sein Wegbleiben vom Generalkapitel
zu Venedig bedauernd hinwies. Über die eigentliche Ge—
sinnung gaben ihm die erwähnten Umtriebe in Rheinland
und Sachsen genügenden Aufschluß. Gleichzeitig gelangte
die Kunde der mit vielem Siegesgeschrei ins Werk gesetzten
Eckschen Reise nach Rom zu Ohren des Generalvikars.237)
Die Konfliktszeit war gekommen. Staupitz, zu sehr Marti—
nianer und persönlich zu eng mit Luther verbunden, um
gegen den vermeintlichen Häretiker vorgehen zu können,
fühlte sich andererseits der Aufgabe nicht gewachsen, wider
den von Rom kommenden Sturm das Schifflein der Con—⸗