Inhaltsverzeichnis: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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Herr Generalsekretär Fchlueter: M. H.! Ungefähr ein Jahr— 
zehnt ist vergangen, seit die gesetzliche Organisation des deutschen Ge—⸗ 
werbes zu einem gewissen Abschluß gebracht worden ist. Man glaubte 
damals, durch die Errichtung der Handelskammern, durch den Erlaß des 
Handwerkergesetzes mit seinen Innungen und Handwerkskammern nicht 
nur etwas Endgültiges, sondern auch etwas Gutes geschaffen zu haben. 
Leider hat aber die Erfahrung der seither verflossenen Jahre gezeigt, daß 
sich die auf den Ausbau der Reichsgewerbeordnung und den Erlaß des 
Handelskammergesetzes gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt haben; überall 
trifft man vielmehr auf Unzufriedenheit mit der gesetzlichen Organisation 
des Gewerbes. 
Es ist deshalb in den letzten Jahren wiederholt bei uns angeregt 
worden, die Frage der gesetzlichen Organisation des Gewerbes, insbe— 
sondere des Müllergewerbes, öffentlich zu erörtern. Unser Verband hat 
aber bisher davon abgesehen, weil keine Hoffnung vorhanden zu sein 
schien, daß sich der Gesetzgeber schon so bald wieder mit dieser Angelegen— 
heit beschäftigen würde. Nunmehr aber steht fest, daß sich die zu— 
ständigen Behörden der Einsicht nicht länger verschließen, daß hier die 
bessernde Hand angelegt werden müsse; es ergibt sich das aus verschie— 
denen Mitteilungen in der Presse und den Parlamenten. Wie weit die 
Erwägungen bei den Behörden fortgeschritten sind, ist zwar noch nicht 
erkennbar. Da aber der Zeitpunkt des Beginns einer Revision der be— 
treffenden Gesetzgebung gekommen zu sein scheint, so ist es Sache der 
Unternehmerverbände, sich ebenfalls damit zu beschäftigen, um insbesondere 
das Interesse der Müllerei wahrzunehmen, damit man nicht von den Er— 
eignissen überrascht werde. Denn die Erfahrung hat gelehrt, daß die 
Behörden nicht immer die nötige Fühlung mit den Interessenten haben. 
Es sei in dieser Beziehung als warnendes Beispiel nur daran erinnert, 
daß bei der Vorbereitung und beim Abschluß der neuen Handelsverträge 
den Interessenten keineswegs diejenige Mitwirkung eingeräumt worden 
ist, die nötig gewesen wäre, um verschiedene Gewerbezweige vor Schaden 
zu bewahren. 
Die Unzufriedenheit, die, wie schon gesagt, überall über die gesetzliche 
Organisation des Gewerbes laut wird, bewegt sich hauptsächlich in drei 
Richtungen. 
Einmal empfindet man es als einen großen Mangel, daß unsere 
Gewerbegesetze zwar durchweg Reichsgesetze sind, aber keineswegs gleich— 
mäßig und einheitlich vom Reich durchgeführt und überwacht werden, auch 
nicht einmal von den Spitzen der einzelnen Bundesstaaten, sondern oft von 
nachgeordneten Behörden. Es konnte deshalb nicht ausbleiben, daß die 
Ausführung und Überwachung der Gesetze sehr verschiedenartig ausfallen 
— FD— 
über die gewerbliche Sonntagsruhe wird erfahrungsgemäß außerordentlich 
verschieden gehandhabt, und nicht nur, daß gewisse Bestimmungen eine 
verschiedene Auslegung erfahren, darüber hinaus ist sogar erkennbar, daß 
in dem einen Bezirk gewisse Bestimmungen (es handelt sich dabei haupt— 
sächlich um die Ausnahmen) sehr scharf, in dem anderen Bezirk recht 
milde gehandhabt werden. Insbesondere gilt das von den Ausnahme—
	        
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