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Achter Abschnitt.
Yermittlungsamt.
Die Führung des auf Grund des Artikels 100 der Gemeindeordnung und des 8 420
der Reichsstrafprozeßordnung von den Gemeindebehörden auszuübenden Vermittlungsamtes ist
dahier einem städtischen Sekretär übertragen.
Die Vermittlung einer Streitsache wird nur vorgenommen, wenn die beiden Parteien
im Stadtbezirk Nürnberg ihre Wohnung haben. Bei der Anberaumung eines Sühneversuchs
wird dem Kläger sofort der anzuberaumende Termin bekannt gegeben, während die beklagte
Partei von Amtswegen hiezu geladen wird. Im Termine selbst kann sich der Beklagte ver—
reten lassen, der Kläger jedoch nur dann, wenn er die Unmöglichkeit persönlichen Erscheinens
nachweist.
Der Beklagte ist nicht verpflichtet, zum Sühneversuch zu erscheinen, der Kläger wird,
wenn er unentschuldigt ausbleibt, zu Gunsten der Gemeindekasse in eine Ordnungsstrafe von
90 Pfennig verfällt.
In zivilrechtlichen Klagesachen wird der Kläger, wenn der Sühneversuch mißlungen ist
oder der Beklagte im Termine sich nicht einfand, ohne Weiterung an das zuständige Gericht
verwiesen; in Beleidigungssachen muß dem Kläger ein entsprechendes Zeugnis zur Vorlage
bei der Klagestellung erteilt werden. Wird zwischen den Parteien ein Vecrgleich erzielt, so
wird derselbe in dem vorhandenen Vermittlungsamtsbuch niedergeschrieben und von den
Parteien unterzeichnet.
Die Verhandlungen und Ausfertigungen des Vermittlungsamtes sind gebührenfrei.
Für die Zustellung der Ladungen durch das Botenpersonal werden in Beleidigungs—
Forderungssachen von dem Kläger je 20 Pfennig Gebühr erhoben.
Die Thätigkeit des Vermittlungsamtes im Jahre 1897 zeigt folgende Zusammenstellung.
Gegenstand der Klage
Verglichen
und zurück—
genommen
Beklagte
Nicht 9J
be n Partei nicht!
erschienen
Summe
Beleidigungen. . . .. 1643
Forderungsklagen ꝛc. . 292
Dienstbotenstreitigkeiten. 133
Mietsstreitigkeiten .. 206
Ehestreitigkeiten .. J 59
Summe. 1142 341 80 2333
1896 1252 358 800 2410)
Verglichen wurden von den 1483 Fällen, in denen die Parteien wirklich im Termine
erschienen sind, 1142 Fälle, das sind 77 Prozent. An eingezahlten Beiträgen für freiwillige
Geldbußen wurden in 39 1321 Fällen 508 1448] Mark an die Armenkasse abgeliefert.