Feuerbachs Wandelbarkeit.
der größten Desperation (vorher war er schon ganz in „Verzweiflung“
wegen einer lateinischen Studentenrede), und hätte mich schon längst
getödtet, wenn nicht die lieben Freunde, die mich beglücken, und die
abscheuliche, angestrengte Arbeit diese rabenschwarzen, schrecklichen,
ichauervollen Gedanken verscheuchte. Doch, wenn ich nicht bald Briefe
von ihr — erhalte, dann, Freund! dann sage ich Dir zum Voraus
das Lebewohl; dann bin ich nicht mehr! dann soll mein Blut eben
den Platz benetzen, der vor wenigen Wochen von dem Blute eines
Liefländers rauchte!“ Solche Lutschbeuteltragik war damals freilich
Mode, aber auch das Hauserbuch des älteren Feuerbach war
nur eine solche Stilübung im Geschmack und auf den Wunsch der
eben herrschenden Mode. Was Feuerbachs Kaspar im Jahre 1828
ür den Kreis der Romantiker gewesen ist, ein einzig dastehen—
des Eremplar seiner Gattung, fuür sich abgeschlossen, wie der
Theanthropos des Konzils von Nikäa Anno Domini 325, haben wir
(I.S. 82 u. 183) schon von ihm vernommen. Diese Fata Morgana
einer berauschten Phantasie bildet das erste Stadium der Hauserkrank—
heit. Ihre Verknüpfung mit dem Magnatenhokuspokus (Kap. XIII)
und dem Prinzenschwindel — man würde die Verbindung für un—
möglich halten — vermittelte Tucher den 29. März 1830 in einem
Briefe an Feuerbach. „Im Bazar von Saphir Nr. 26 steht: in
Ungarn sei eine Erzieherin in dem fürstlich — schen Hause verhaftet
worden, welche sich wahnsinnig gestellt habe) ... Die — sche Ge—
andtschaft habe sich bemüht, die Freilassung dieser Person zu er—
wirken u. s. w. Herr Plattner will von dem Redakteur Saphir
herausgebracht haben, daß diese Gesandtschaft die badische sei. Hier—
zu noch etwas:
1) Die Hofdame der alten Markgräfin, welche Letztere die Mann—
heimer öffentlich als Prinzenmörderin bezeichneten, war ein Fräulein
von Ettelsheim; und dieser letzteren Bruder H. v. Ettelsheim
) v. Tucher hat sich nicht geschämt, die arme „Dalbonne“ noch im Jahre
1872 nach bekannter Waschweiberart in der Allgemeinen Zeitung zu heklatschen!
Und Feuerbachs Nachlaßpapiere (Daumer 1873, S. 456) enthielten die mit Blei—
stift hingekritzelte tiefsinnige Frage: „Gräfin Majthényi, ob sie nicht mit dem
badischen Hofe, besonders der Hochbergischen Familie, in Verbindung gestanden?“