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er in Wirklichkeit kein Glied desselben war. In den Artikeln des
Bundes hieß es ja: es sollen alle Reichsstände, wenn Güte nicht aus—
reicht, mit Zwang und Gewalt aufgefordert werden, auch soll jedem
Teilnehmer zu gute kommen, was er durch Brandschatzung oder auf
andere Weise von den Widersachern erlange. In der That, eine
bessere Handhabe als diese Bundesartikel konnte sich der Markgraf
bei seinem Vorgehen gar nicht wünschen, wenn er die angenommene
Rolle eines wirklichen Bundesteilhabers zur Erreichung seiner Privat—
zwecke weiterspielen wollte.
Das Uuternehmen auf nürnbergischem Gebiet begann mit der
ohne alle Gegenwehr erfolgten Einnahme von Markt und Schloß
Lichte nau. Das Schloß war in gutem Verteidigungszustand und
die Umstände, unter welchen nach der auf UÜberlieferung beruhenden
Erzählung die Übergabe des Schlosses durch den Pfleger Ludwig
Schnödt erfolgte, haben einen etwas romantischen, zugleich aber auch
recht verdächtigen Anstrich. Nach dieser Überlieferung sandte der
Pfleger nach erhaltener Aufforderung zur UÜbergabe seinen Sohn
hinaus zum Markgrafen, der ihn aber sofort gefangen nehmen und
dem Pfleger wissen ließ, daß er beim geringsten Widerstand den
Sohn vor den Augen des Vaters aufhängen lassen werde. Die
päterliche Liebe siegte über das Pflichtgefühl und so fiel Ort und
Schloß, ohne daß nur ein Schuß gefallen wäre, in die Hände des
Markgrafen, welcher Markt und Schloß ausplündern, anzünden und
die Festungswerke schleifen ließ.
Gleich Tags nach der Übergabe von Lichtenau sandte der Mark
graf einen mit den französischen Lilien dekorierten Feldtrompeter mit
einem Schreiben an den Rat zu Nürnberg, worin unter Berufung
auf den „vom König von Frankreich und dessen Einigungsverwandten,
Kur- und anderen Fürsten gefaßten Entschluß, des Reiches deutscher
Nation Libertät und Vergleichung wahrer christlicher Religion wieder
zu bringen“, nach den üblichen Kanzleischnörkeln verlangt wird, der
Rat solle sich hinsichtlich des erwähnten Vorhabens der Verbündeten
bestimmt erklären, ob er Freund oder Feind sein wolle. Am selben
Tage war auch der hessische Kämmerer Georg von Scholey nach
Nürnberg gekommen und hatte dem Rat versichert, daß die von den
Fürsten der Stadt gegebene Zusicherung getreulich gehalten und daß
dem Markgrafen ohnfehlbar aufgegeben werden würde, das genommene
Lichtenau zurückzugeben und alle Feindseligkeiten gegen die Stadt
einzustellen. Dies wurde dem Trompeter einstweilen mündlich mit⸗
geteilt und andern Tags in einem Schreiben an den Markgrafen
wiederholt. Diese schriftliche Antwort war noch nicht in den Händen
des Markgrafen, so kam schon ein zweiter Trompeter mit einem