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lassen und zu jeder Stunde den Tod erwarten. Denn wäre
dies nicht, so wäre es nicht das Wort Christi: durch seinen
Tod erkauft, durch Märtyrerblut verbreitet und bewahrt,
muß es auch fortan mit dem Tode erhalten und verkündet
werden.“ Und im Bewußtsein ihrer gleichartigen Gesinnung,
im Vertrauen umnerschütterlicher, aufopfernder Liebe bittet
er den teuern Gefährten, zu dem Erlöser zu beten, daß er
diesen seinen Märtyrergeist bei den Menschen nicht ersterben
lasse, sondern mehre.“ Bald sollte Wenzel seinen Opfermut
durch die That beweisen können.
Wir haben hier noch kurz eine Person einzuführen,
deren Bekanntschaft Linck um die Mitte August dieses Jahres
gelegentlich deren Üübersiedelung von Tübingen nach Witten—
berg machte, den an diese Hochschule als Lehrer des
Griechischen berufenen, einundzwanzigjährigen Großneffen
Reuchlins, Philipp Melanchthon. Melanchthon war
bei Pirckheimer, den er schon von Tübingen aus in griechischen
Versen besungen hatte, zu Gaste, und im Hause dieses ver—
trauten Freundes lernte Wenzel den künftigen thätigsten
Genossen Lutherischer Geistesarbeit kennen.ꝰ) Kehren wir
zu Cuther und Linck zurück.
Rom schickte sich an, den wittenberger Mönch und
Professor zum Schweigen zu bringen. Bereits um den An—
fang des Jahres wurde man sich über die Wege schlüssig.
Einmal suchte man die Macht des Ordens, zum andern
die des Kaisers zu benutzen. Wir wissen durch Koldes
Untersuchungen von den Einwirkungen des Papstes auf
Gabriel Venetus und dessen Umtrieben bei dem sächsischen
und kölnischen Provinzial.?) Staupitz hatte nur zu Recht
gehabt, wenn er für die ganze Congregation fürchtete. —
Die mit dem Kaiser Max und dem Vurfürsten Friedrich