Volltext: Albert Dürer

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es uns auch jetzt erst zur bewußten und berechtigten Aufgabe, volksthüm— 
lich zu sein und zu bleiben auch in der Kunst, ohne darum engherzig und 
einseitig zu werden. Nicht die Wiederholung der italienischen Renaissance, 
so berechtigt und so groß sie zu ihrer Zeit gewesen, kann unser Ziel sein! 
Deutschland ist nicht Italien, Germanen sind keine Romanen! Den 
gewaltigen Unterschied zwischen ihrem Wesen und Wollen haben die 
neuesten Zeiten mit Flammenschrift und blutigen Lettern verzeichnet; ja, 
diese Gegensätze bewegen die Zeit in ihrem tiefsten Grunde und geben 
ihr die Richtung in neue Bahnen! 
Es bleibt das unsterbliche und unwidersprechliche Verdienst der An— 
tike und Renaissance, daß sie uns wieder die Augen geöffnet hat für die 
Herrlichkeit der Natur! Die Natur aber, wie sie die Quelle der griechi— 
schen und italienischen Kunst, so ist und bleibt sie die Quelle auch jeder 
anderen echten, der deutschen und der heutigen Kunst. Wie die edelste und 
reinste Tradition doch nichts Anderes sein kann, als die zeitweilige Ver— 
körperung der Wahrheit, und nur diese letztere immer wieder der neu zu 
gewinnende, neu zu gestaltende Inhalt jeder späteren Zeitbestrebung sein 
und bleiben muß, so auch in der Kunst, in der Wissenschaft und in jeder 
Richtung des geistigen Lebens der Menschheit. 
Unsere Ziele liegen immer vor uns, nicht hinter uns! Nichts 
bereits Dagewesenes, und wäre es das Größte und das Beste, läßt sich 
wiederholen. Der Menschengeist muß immer wieder von neuen Gesichts— 
punkten ausgehen, in immer erneuetem Kampfe muß die Wahrheit er— 
stritten werden. Diese im Geiste zu erfassen und festzuhalten, das ist 
die Aufgabe an Tagen, wie der heutige. 
In diesen altehrwürdigen Räumen, die uns heute zur Albert-Dürer— 
Feier vereinigen, in diesen hohen Hallen, die da stummes Zeugniß geben 
von echter deutscher Kunst der Vorzeit, unter diesen mächtigen Säulen— 
schäften mit den laubumkränzten Knäufen, den Trägern kühngeschwungener 
Gewoͤlbbogen, die auch den profanen Raum mit heiligem Tempeldache 
überspannen, hier fühlen wir uns dir näher, Geist unserer großen Ahnen! 
„Es weht ein Schauer vom Gewölb' herab, 
Du schwebst um uns, erflehter Geist!“ 
Geist deutscher Kunst, Geist deutscher Kraft, der du dich so herrlich 
offenbart hast in siegreich erneueter Macht und Herrlichkeit des wieder⸗
	        
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