Objekt: Kaspar Hauser

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hantieren gesehen, hat den Federn ähnliche Gegenstände wie 
Gabel und Löffel zwischen Daumen und Zeigefinger hand— 
haben gelernt, hat wohl selbst schon oft mit einem Griffel 
auf der Schiefertafel oder mit Bleistift auf Papier gemalt. 
Hauser dagegen kannte alle jene Gegenstände nicht und hatte 
seine Finger nur zum Ergreifen der Speisen und zum Spielen 
mit den hölzernen Pferden benutzt. Er nun lernte in so 
kurzer Zeit mit Papier und Schreibmaterialien, ja sogar mit 
Tinte und Feder umgehen und nicht nur Striche und einzelne 
Buchstaben, sondern seinen ganzen Namen, in welchem acht 
verschiedene Zeichen vorkommen, schreiben. Das ist doch eine 
Leistung, die seine Glaubwürdigkeit in sehr bedenkliches 
Licht setzt. 
Dasselbe gilt von den außerordentlich schnellen körper— 
lichen und geistigen Fortschritten, die er fortan namentlich 
unter Daumers Leitung machte. Sein Wissensdurst und 
Fleiß erreichten Resultate, wie sie bei so abnormem Zustande 
unglaublich sind. Bis zum Juli konnte er sich bereits so 
weit verständlich machen, daß aus seinen Mitteilungen ein 
detaillirter Bericht über seine Gefangenschaft und seine Ab— 
richtung durch den Unbekannten zusammengestellt wurde. 
Noch vor dem 14. September schilderte er einen Traum in 
einem Aufsatze, der weit über Anfängerleistungen hinausging. 
Dies Traumbild beschrieb er ausführlich nach einem Besuche 
der Nürnberger Burg, die ihn angeblich daran erinnert hatte. 
In dem Traume sahen seine Freunde Anklänge an seine 
frühe Hindheit, die danach in einem Schlosse verbracht sein 
mußte, und frohlockten über den neuen Beweis für seine 
fürstliche Abkunft. Daß uns im Traume oft längst vergessene 
Orte, Personen und Scenen vor die Seele treten, ist richtig. 
Aber Träume hinterlassen nur unklare, verschwommene Vor— 
stellungen mit wenigen ganz besonders haftenden Punkten, 
während Kaspar hier eine förmlich systematische Schilderung
	        
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