Inhaltsverzeichnis: Markgrafen-Büchlein

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verlangte er von seinem Begleiter, dem Oberstallmeister von 
Reitzenstein, die Pistole, um in seinem Jähzorn den Schäfer 
auf der Stelle nieder zu schiessen. Da entgegnete ihm v. Reitzen- 
stein, die Pistolen seien nicht geladen. Als dann beide in 
Nachhausereiten unfern der Schlossthore waren, schoss der 
Reise -Oberstallmeister rückwärts die Pistolen ab, worauf der 
überraschte und erschrockene Markgraf naclı dem Grunde fragte. 
Reitzenstein gab zur Antwort: „Gnädigster Herr, ich meine nur, 
dass Sie heute Nacht viel süsser schlafen werden, nachdem Sie 
meine Pistolen erst jetzt haben krachen hören, statt 1 Stunde 
Früher.“ 
(Über die barbarische Bestrafung des Hofmeisters seines 
Sohnes sieho S. 92857.) 
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Ausser den hier angeführten und geschichtlich feststehenden 
Thatsachen werden noch manche andere erzählt. die teils über- 
;rieben, teils erfundon sind. 
Zur ersteren Gattung mag das gehören, was der allerdings 
unmittelbar nach jener Zeit lebende Geschichtsschreiber Lang 
vom Hofjuden Nathan berichtet. Wir geben den Bericht Lang's 
in folgendem Auszuge: 
Der Hofjude Nathan (auch Räb Ischerlein genannt), geschützt 
durch die weitgehendsten Privilegien seines fürstlichen Herm, 
batte mit der Zeit ein gewaltiges Vermögen zusammengescharrt 
und that es an Prunk seines Haushaltes allen übrigen reichen 
Häusern der Residenzstadt zuvor. Bei der Hochzeit seiner 
Tochter hatte sogar der Markgraf es nicht verschmäht, als Gast 
bei ihm zu erscheinen. Aber Nathans Glück‘ fand ein jähes 
Ende. Er fiel 1740 durch eine grosse Betrügerei in Ungnade 
Dor Markgraf hatte seinem Oheim, dem König Georg Il 
von England, der die Schwester seines Vaters, Wilhelmine 
Karoline, zur Gemahlin hatte, den roten Adlerorden mit Bril- 
lanten verliehen. Nathan sollte die Herstellung und Ueber 
sendung des Ordens besorgen lassen. Merkwürdigerweise aber 
kam von England nicht die geringste Dankesbezeigung, obgleich 
der Markgraf dem Hofjuden für hiebei verrechnete Ausgaben 
40000 Thaler gezahlt hatte. Der Markgraf liess durch seiner 
Agenten unter der Hand Erkundigungen einziehen und erfuhbt, 
dass der Künig über den erhaltenen Orden nicht im mindesten 
erfreut war; denn die Brillanten des Ordens waren falsch, 
Nathan liess nämlich den Orden in Amsterdam mit unechten 
Steinen besetzen und von da aus nach England abgehen, Die 
Wut des Markgrafen war unbegrenzt. Nathan wurde noch in 
der Nacht aus dem Bette geholt und auf die Festung Wülhzburg 
gebracht. Am andern Tage reiste der Markgraf selbst dorthin, 
nahm den Betrüger ins Verhör. und als er seine Schuld ein:
	        
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