Einmal freilich wurde ich in den Strahlenglanz
des Weihnachtsbaumes im Bettchen getragen. Wird
wohl eine Kinderkrankheit gewesen sein. War aber
die Bescherung vorüber, so wanderte der Baum nach
dem Eckschränkchen, und dann stand ich nicht selten
davor, um die von meinem Vater aus rohen Hasel—
holzstäben gezimmerte Krippe — die Rückwand zierte
die von ihm gemalte heilige Familie — oder die
von ihm gemalten und auf Pappedeckel aufgezogenen
Engelsgestalten zu betrachten, die rings am Baum
hingen; denn die Sprüche, die sie in ihren ausge—
breiteten Armen hielten, konnte ich ja noch nicht
lesen. Es hingen natürlich noch andere Herrlich—
keiten am Baume, aber nur als Schaustücke, die dann
Jahr für Jahr wie gute alte Bekannte begrüßt
wurden. Noch heute enthält eines der vielen Skizzen—
bücher meines Vaters mich auf einem Stuhle stehend
in andächtiger Betrachtung des Weihnachtsbaumes.
Die Kinderseligkeit des Weihnachtsfestes scheint
einmal auch meinem guten Vater das richtige Wort
zu seiner Weihnachtspredigt eingegeben zu haben.
Ich saß ja als schulpflichtiger Knabe allsonntäglich
zu seinen Füßen, aber jene Weihnachtspredigt ver—
ließ ich als Acht- oder Neunjähriger mit dem be—
friedigten Gefühl, daß er auch für mich gepredigt
habe. Ich will damit dem Trefflichen keinen Vor—
wurf machen; die Zuhörer bestehen ja doch meist
aus Erwachsenen, und denen hat er wahrhaftig
mit seinem milden Eust und seinem eingehenden Stu—
dium immer etwas geboten.
Einst aber zur Winterszeit befand sich auch
das Bettlein meines jüngeren Bruders in der
Wohnstube. Was ihm fehlte, ist mir natürlich völlig
J
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