Besass aber weiter Pirkheimer ein Recht, Dürer sich unbe-
dingt in allen Anschauungen gleichzustellen? Melanchthon, welcher
1524 und 1526 viel mit Dürer und Pirkheimer verkehrte, erzählt,
dass die beiden Männer sich öfter über religiöse Dinge gestritten
und Dürer dem Freunde heftig widersprochen hätte. Dabei hätte
Dürer einen solchen Scharfsinn und Freiheit des Verstandes ent-
wickelt, dass Pirkheimer recht in die Enge getrieben wurde. Auf
die hochmütige Zurechtweisung des Nürnberger Gelchrten: Was
du da sagst, kann nicht gemalt werden, durfte Dürer mit über-
legener Ruhe antworten: Und was du da vorbringst, kann nicht in
Worte gekleidet, nicht einmal von der Seele gefasst werden. Die
einfache Klarheit und Überzeugungskraft, bei dem leicht polternden
Pirkheimer vermisst, fand dagegen Dürer, ebenfalls nach dem Zeug-
nisse Melanchthons, in Luthers Schriften und machte ihn zu ihrem
sifrigen Leser. „Die Klarheit und die wohlgeordnete Gliederung
der Gedanken zeichnen sie aus. Hat man nur einige wenige Sätze
auf der ersten Seite der Lutherschen Schriften gelesen, so erkennt
man sofort, welche Aufgabe Luther sich gestellt habe und wie er
sie im ganzen behandeln wird‘“. So viel steht fest, dass Pirk-
heimers und Dürers Ansichten sich keineswegs unbedingt deckten,
der eine nicht für den andern als Sprecher auftreten kann. Es
ist sogar gestattet, weiter zu gehen. Pirkheimers trübselige An-
schauungen sind uns mit seinen eigenen Aussprüchen bekannt.
Wenn nun Dürer gerade in religiösen Dingen mit ihm häufig in
Widerstreit geriet, so müssen wir glauben, dass er hoffnungsvoller
von der Zukunft dachte, eine freundlichere Stellung zum Refor-
mationswerke einnahm. Gegen die Schwarmgeister, gegen die
radikalen Stürmer eifert er gleichfalls. Obschon er anfangs mit
Carlstadt in nahem Verkehr stand, so dass dieser ihm eine gegen
Rom gerichtete Flugschrift: Von Anbetung und Ehrerbietung der
Zeichen des Neuen Testamentes, widmete, so wollte er doch von
dem gewaltsamen Bruche mit dem alten Kultus nichts wissen. Wie
er die ersten Christen wegen ihres Bilderhasses getadelt hatte, so
wandte er sich jetzt gegen die neuen Bilderstürmer. In der Vor-
rede zur Unterweisung der Messung 1525 verteidigte er mit warmen
Worten den hohen Wert der Bilder: „Unangeschen, dass jetzt bei
uns und in unseren Zeiten die Kunst der Malerei durch etliche
schr verachtet und gesagt will werden, sie diene zur Abgötterei
so wird doch jeglicher Christenmensch durch Gemälde oder Bild-
nisse so wenig zu einem Afterglauben vezogen, als ein frommeı