trat oft Mutterstelle an uns, wo es Ueberwindung
kostete, so z. B., als wir über einen Bogen Papier ge—
beugt saßen, um deutlich feststellen zu können, ob
und wie viele derjenigen Lebewesen von unserem
Kopfe fielen, die als der Inbegriff der Unsauberkeit
gelten und leichter gewonnen als verloren sind. Sie
bewährte ihre Unermüdlichkeit mit mütterlicher Ent—
sagung auch in diesem Falle bis zum endlichen Er—
folg.
Es herrschte übrigens im Hause strenge Zucht.
Den Morgenkaffee brachte uns „Fräulein Käthe“ auf
einem großen, blechernen Brett schon zusammenge—
macht ins Zimmer. Er war vor allem reichlich; seine
Würze bestand darin, daß sich unter die beigegebenen
Wasserwecke ab und zu ein mürbes Wekcllein
berirrt hatte, welches dem als Beute zufiel, der recht—
zeitig aus dem Bette gefahren war.
Beim Essen saß der Herr des Hauses obenan und
führte mit dem gesetzten Polytechniker an seiner Seite
eine ernste Unterhaltung, in welche der andere zu—
weilen einige burschikose Sätze einstreute. Wir klei—
neres Zeug schwiegen und aßen.
Der Herr Dr. hatte den anstrengenden Vor—
mittag eines Pensionisten hinter sich. Wenn er des
Morgens sein graublondes Haar von rechts und links
und hinten über die kahle Stirn gekämmt und auf
der Mitte des Hauptes zu einer Art Locke vereinigt
hatte, rasiert und sonst angekleidet war, er trug in
der Regel ein graues leichtes Spenzerlein oder war
in Hemdärmeln, aber dann wie aus dem Ei geschält,
dann konnte das Tagewerk beginnen. Das bestand
zunächst in einer recht eingehenden Vertiefung in die
Zeitung, dann aber stellte er sich ein kleines Tischchen
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