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In der Tellheimat.
Es ist Abend. Ich wandle allein auf der
Axenstrasse. Durch die Riesenfenster des
Tunnels blickt in stiller Schönheit der See mit
dem lieblichen Flüelen herein, mit dem
majestätischen WUrirotstock gradüber und, aus
freundlichem Thalgefilde in wunderbarer Klarheit
sich erhebend, die schlanke Pyramide des Güt-
schen. Wahrhaftig, ein unvergessliches, herr-
liches Naturbild in steinerner Umrahmung.
Scheidend winkt über die Berge her die Sonne
ihren letzten Gruss. Leise und sacht steigen die
Nebelmännchen aus dem See und verrichten ihr
allabendliches Geschäft, Leise und sacht hüllen
sie Gebirg und "Thal in durchsichtig gewobene
Schleier. Der Mond geht auf und bestrahlt mit
seinem Silberlicht die träumenden Wellen. Im
Dörflein drunten erklingen die Abendglocken in
den seligen Frieden hinein. Ein betagtes Ehe-
paar, welches eilt, ein Obdach zu erreichen, wo
es ruhen kann, ein Liebespärchen, das im
Mondenschein am See wandelt, sind die einzigen
Menschen. Nun ist es ganz einsam und still!
Das von den Höhen niederrieselnde Wasser, das
Flüstern der Bäume im Abendhauch das einzige
Geräusch.
Die Glocken sind längst verklungen, als ich
nach Flüelen zurückkehre. Hier blitzt ein Licht
nach dem andern auf. Der Rauch der Feier-