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bewanderter Mann, als er den jetzigen König von Schweden
sah, sofort starke Familienähnlichkeit mit dem großen Gustav
Adolf, dessen Bild er kannte, herausfand. Als Feuerbach
den Kanonikus Gutenberg für den Vater Kaspars hielt, fand
er einen Beweis in der Physiognomie des letzteren und
schilderte ihn als „gleichsam nur einen Domprobst oder
Kanonikus en miniature, an dem man kaum die Tonsur
vermißt“. Die Prinzessin Wasa, Hausers angebliche Schwester,
hörte auf einer Rheinfahrt aus dem Munde eines Ansbacher
Studenten, der sie weder gekannt, noch je gesehen hatte, die
Aeußerung: „Die Dame sieht dem Kaspar Hauser so ähnlich,
daß man glauben sollte, sie wäre eine Schwester desselben“.
Woher weiß die Prinzessin, daß sie von dem Studenten und
seinem Gefährten nicht erkannt war? Hohe Herrschaften
werden, wenn sie inkognito reisen, weit öfter erkannt, als sie
selbst ahnen, doch sind die Erkennenden oft so taktvoll, sie
dies nicht merken zu lassen. So mag es auch hier gewesen
sein. Der Student hörte, die Dame sei die betreffende
Prinzessin, kannte das Gerücht von Hausers badischem
Prinzentum und fand nun schnell die Aehnlichkeit heraus.
Gesetzt aber, die Aehnlichkeit bestand wirklich, sei es zufällig
oder weil Hauser durch uneheliche Abkunft mit dem Fürsten—
hause verwandt war, so ist nicht undenkbar, daß sie ihn zu
dem Betruge ermutigte. Er hoffte, für ein bei Seite ge—
schafftes oder verschollenes Mitglied des Herrscherhauses,
vielleicht sogar für den angeblich 1812 gestorbenen Prinzen
gehalten zu werden. Eine solche Ausnutzung von Aehnlichkeit
zu Schwindeleien stände nicht vereinzelt da. Baute doch auch
der Uhrmacher Naundorff sein französisches Prätendententum
auf seine Aehnlichkeit mit den Bourbons auf.
Seinen letzten und scheinbar größten Trumpf setzt Herr
v. Artin auf den Kabinetsbefehl Großherzog Ludwigs vom
5. Juni 1828, nach welchem „im vorigen Monate in Nürnberg