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Die Schwieger würde heute nicht mehr herunter—
kommen. Die lebte heute doch nur mehr der Er—
innerung an ihren verstorbenen Mann, an die vierzig
Jahre ihrer Ehe auf dem Bauerngut bei Hersbruck,
und an all die Sorgen und Mühen ihres Lebens.
Mit zusammengepreßten Händen würde die alte Frau
Dp oben sitzen und in der Bibel Trost und Kraft
uchen.
Der Küche gegenüber lag das große Eßzimmer.
Frau Rottmann ging mit Anne hinein, öffnete dem
Kind das Spind, bedeckte den runden Tisch mit
einem kräftigen, hausgewebten Tuch und holte aus
dem oberen Fach des Spindes den Besteckkorb. Sie
tat alles mit ernstem Gesicht; die feinen Brauen
zogen sich ein wenig zusammen.
„So, Kind, nun deck den Tisch.“
„Mutterle, bist Du böse?“ fragte Annele.
„Aber nein, Kindle, was denkst Du?“
„Machst aber so ein böses Gesicht.“
„Nicht bös, nur traurig über die zerschlagenen
Früchte und über das Getreide.“
Frau Rottmann bückte sich herab zu ihrem
kleinen Mädel.
Anne streichelte der Mutter Gesicht. „Der
liebe Gott läßt's wieder wachsen.“
Frau Rottmann küßte der Kleinen Mund.
„Hast recht, Liebes. Der liebe Gott wird schon
helfen. Nun deck schön den Tisch, bis Vater und
die Buben heimkommen.“
Frau Josephine verließ die Kleine und be—
reitete in der Küche das Abendbrot. Dann ging
sie noch einmal hinauf ins Kinderzimmer. Liesle
schlief mit roten Bäckchen fest und friedlich.
Als Frau Rottmann wieder die Treppe hinab—