Volltext: Die neue Zeit

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der Burg ihr ganzes Sein durchdrungen hatten, 
desto bitterer fühlte sie die Demütigung. 
Nach den ersten Tagen des Schmerzes über die 
Zerstörung ihres Glücks kam über sie eine Art 
bitteren Schamgefühls. Aus der glücklichen, stolzen 
Braut war eine Betrogene geworden. Sie glaubte 
nun, daß Haßner sie überhaupt nicht geliebt hätte, 
sondern daß er sie nur aus Berechnung gewählt. 
Und ihr Stolz litt mehr noch als ihre Liebe. Den 
Garten und das Haus verließ sie nicht. Vor den 
Freunden und Freundinnen floh sie. 
Aber mit unermüdlicher Langmut und Liebe 
umgaben sie die Eltern und arbeiteten stillschweigend 
gegen die verschlossenen Gefühle der Vereinsamten. — 
Haßner war am Tag nach jener letzten Unter— 
redung blaß und verstört vor Rottmann erschienen. 
Er versuchte zwar, die gewohnte selbstsichere Haltung 
zu gewinnen, aber es gelang ihm nicht. 
Er hatte vom Bürgermeister Urlaub erbeten 
und erhalten. — Rottmann wußte, daß Haßner 
nicht wieder nach Nürnberg zurückkehren würde. 
Seine Hoffnung aber, daß Rose mit Haßner ver—⸗ 
schwinden würde, war eine vergebliche. 
Haßners Abreise, Roses unbekümmertes Auf— 
treten von diesem Augenblick an, das gab gar bald 
den Klatschbasen männlichen und weiblichen Ge— 
schlechts willkommene Gelegenheit, Annes Geschick 
zu besprechen. 
Rottmann ballte zornig die Faust, als eines 
Morgens auf seinem Schreibtisch im Rathaus die 
neueste Nummer des Zuschauers lag und er in 
einem rot angestrichenen Artikel die Leidensgeschichte 
seines Kindes in hämischster Weise und durchsichtiger 
Maskierung dargestellt fand.
	        
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