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Anne bedauerte, daß nicht auch Karoline Schmid
dabei sitzen und sie ihr Josephs Briefe vorlesen
konnte.
Und der Humor, der in Anne unter der Sonne
ihres Glückes groß wuchs, ließ ihr den Gedanken
an ihre beiden Schwägerinnen in spé höchst er—
götzlich erscheinen. Die blasse, hochaufgeschossene,
blonde Aristokratin neben der kleinen, zierlichen,
brünetten Ladenbesitzerstochter die Tabak und
Zigarren verkaufte, und zwischen beiden sie selbst,
die bürgerliche Großkaufmannstochter — und doch
alle drei gleich liebedurstig und glückshungrig. —
Schon die letzten Februartage waren mild und
sonnig. Der März brachte in diesem Jahr wirklich
Veilchen.
Die alte, ewig junge Norica zog ihr Winter—
kleid aus. Sie schmückte sich mit einem jugend—
lichen Frühjahrskleid aus grünen, duftigen Schleiern.
Wie bald — wenn erst die Knospen an den Obst—⸗
bäumen sich öffneten — würde sich das duftige,
grüne Schleiergewand in ein leuchtendes weißes
Brautkleid verwandeln. —
Anne hatte noch nie ihr liebes Nürnberg so
schön gefunden, so herzerquickend schön; und Rott—
mann ergötzte sich an der Freude seines Kindes über
die Heimatstadt.
Er ging gern mit ihr um die alten Mauern,
er zeigte ihr die Fortschritte in der Verschönerung
der Stadt. Freilich — nicht an jedem Tag hatte
der Bürgermeister Zeit, und Anne gewöhnte sich,
allein zu promenieren.
Die Mutter saß lieber im Garten still bei der
Filetarbeit, der Verlobte war bis Feierabend auf
dem Rathaus, und Antonie liebte nicht das viele