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sfie sei der Glocke von Saint Angelique, ihrem
Heimatskloster, ähnlich.
Anne aber behauptete, es sei nur ein Butterfaß
und Mutter habe lauter kleine Wecken gegossen.
Erst als es von Nürnbergs Kirchtuͤrmen mit
vollen, abgestimmten Tönen zwölf Uhr läutete, wurde
Anne ernst und feierlich. —
Sie trat von ihrem Verlobten weg zum Vater
und sah ihn mit feuchten Augen an.
Der nahm seines Kindes Kopf in die Hände
und küßte die feuchten Augen.
Anne umschlang die Mutter, und als Haßner
ihr glückwünschend die Hand reichte, schlug sie er—
rötend die Augen nieder, um im nächsten Augenblick
seinen Hals zu umschlingen und ihm den ersten frei—
willigen Kuß zu geben.
Fast erschrocken darob eilte site von ihm weg
zum alten Freund Hünnebach und dann zu Made—
moiselle, die mit Rührung die Szene beobachtet hatte.
Haßner war bei der stürmischen Liebkosung
seiner Braut das Blut zu Kopf gestiegen. Er wollte
ihr folgen und den Kuß tausendfach wiedergeben, aber
Rottmann trat heran, reichte ihm die Hand und
wünschte herzlich „Prosit Neujahr“.
Die Köchin kam herein und das Küchenmädchen
und Johann und seine Frau. Sie kamen mit ihren
Punschgläsern, um mit der Herrschaft anzustoßen und
auf ein gutes neues Jahr zu trinken.
Als dies geschehen, blieben sie bescheiden an
der Tür stehen. Rottmann aber griff zu einem
Predigtbuch, das neu war. Die Blätter klebten noch
zusammen, als er es öffnete. Und er las den
Lauschenden ein kurzes Kapitel vor. Aus dem klang