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Streifereien trugen aber nicht dazu bei, seine Sinne
zu beruhigen.
Gar oft sah er lichtscheue Gestalten, gar oft
ahnte er mehr, als er sah, lichtscheues Tun. Und
heißer und heißer stürmte das Blut durch seine
Adern.
Der Herbst ging zur Neige. Rottmanns wollten
zur Stadt ziehen. Der letzte Abend vereinigte die
guten Freunde im Garten. Es war zu kühl, um
hraußen zu sitzen, so wanderte man lebhaft plaudernd
die Gartenwege entlang.
Haßner in brennender Ungeduld. Er hatte
noch keinen Augenblick Anne allein gesprochen. Der
Prokurist ihres Vaters wich nicht von ihrer Seite.
Haßner hatte beobachtet, daß Herr Friedrich
sich in letzter Zeit mehr als sonst mit Anne be—
schäftigte, ihr schien es nicht aufzufallen. Sie
begegnete ihm mit der stets gleichen milden Freund—
lichkeit, die ihre frühere rasche, oft schroffe Art ver—
drängt hatte und die sie nun jedem entgegenbrachte.
Haßner war eifersüchtig, und er glaubte mit Recht.
Warum ließ Anne den Lästigen nicht stehen, warum
ging sie auf seine Gespräche ein? Anne bemühte
sich, Haßner in ihre Gespräche mit Friedrich hinein—
zuziehen. Sie war gewohnt, in dem Prokuristen
des Vaters einen alten Freund des Hauses zu sehen,
der schon im Geschäft tätig gewesen, als fie noch
mit der Puppe gespielt. Sie fühlte Haßners Ver—
stimmung, sie begriff sie aber nicht. Sie war weit
entfernt, den Grund zu ahnen. Aber sie empfand,
daß Haßner nun oft erregt und sprunghaft war,
daß seine ruhige, zuverlässige Art einer Ungleichheit
der Stimmungen gewichen war, die auch ihren
Frieden, ihr immer höher wachsendes Glück bedrohte.