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die Sache des Weisen, sich in die Zeit zu fügen, das Übrige
muß man für einen gelegeneren Augenblick versparen; mir
gefällt jenes Wort: Rühmlicher ist es, mit Gewinn nachzu⸗
geben als mit Schaden zu siegen. — Es giebt Leute, die
die Appellation als zu hochmütig erachten“. 161)
Die Zaghaftigkeit des kürzlich eifrigsten CLobredners
Cuthers, der noch vor kaum mehr als einer Woche mit Martin
sterben zu können schien, sollte in jenen Tagen noch andere
charakteristische Blüten zeigen. Allerdings der ob seiner päpst—
lichen Breven gefürchtete Miltitz war am 18. Dezember in
Nürnberg eingetroffen. 162) Und welchen Umschwung vermochte
dergeschickt gewählte Unterhändler hervorzubringen, der nur
einen billigen Frieden erzielen zu wollen vorgab. 163) Mit
deutschen Verhältnissen vertraut, wußte er den Nürnbergern,
in deren Mitte ihn ursprünglich eine Verwendung für einen
Messerschmidt beim Rate geführt, 2) deren Bedentung für
die ihm anvertraute Cutherische Sache er aber alsbald
erkannt hatte, eine friedliche Lössung derselben gar verlockend
darzustellen und verfehlte nicht, auf den humanistisch empfin—
denden Teil mit Erfolg durch die alten Zugmittel einzu—
wirken. Doch lassen wir den Allerweltsfreund Scheurl reden.
Luther selbst schilderter den päpstlichen Deputierten mit vieler
zwischen den Seilen zu lesender Neigung wörtlich: „Karl
ist ein Meißner Ritter, ein Deutscher: er ist ein Mensch,
nichts Menschliches liegt ihm ferne; nur um dies Eine wird
er streiten, daß dem Papst nicht zu widersprechen, sondern
zu gehorchen sei. Die Disputationen, Konklusionen und
Resolutionen verwirft er nicht so sehr, als die gemeine Rede
über die Indulgenzen, wodurch die Laien allenthalben über
den Wert jener unterrichtet werden“. 160) Letzteres hat sich
Luther wohl gemerkt, die Schrift an den Adel war die