Volltext: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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Seicht und unwissend. Er gab mir die Erlaubnis, sie zurück 
zuschicken. Ich warf sogleich eine lange Widerlegung mit 
meinen Desideriis nieder und erwarte nun den Erfolg. O Hım 
mel! Für solche Menschen rede ich, für ein solches Publikum 
habe ich die edelsten Kräfte meines Lebens verschwendet! 
Nein; ich will nicht mehr der Fichtianer spotten, dass sie sich 
für besser halten, als ihre seichten Gegner, dass sie mit Arro- 
ganz Widerlegung oder Unterwerfung fordern. Nun fühle ich, 
was es heisst, lebendig und kräftig Wahrheit denken und sagen, 
und nicht verstanden zu werden!“ 
Dieses Urteil ist ohne Zweifel in jeder Beziehung zu hart. 
Unmoralische Motive, wie Herrschsucht und Eigennutz dürfen 
wir Fichte wohl kaum zutrauen. Wir müssen ja zugeben, dass 
alles, was Feuerbach sagt, auf Eigenschaften basiert, die auch 
wir an Fichte wahrzunehmen glauben: So eine an Härte 
grenzende Charakterstärke, eine gewisse Unbeugsamkeit des 
Willens, vielleicht auch einen an Fanatismus grenzenden Eifer 
im Eintreten für seine Lehre. Aber wir dürfen nicht vergessen, 
dass fast in jeder wahrhaft grossen Natur sich derartige Züge 
finden. Denn der grosse Geist ist eben deshalb gross, weil 
er besser und richtiger erkennt, als die Mehrzahl der ihn um- 
gebenden Zeitgenossen, was die Zeit erfordert. Sein Blick ist 
eben geschärfter dafür. Und unwillkürlich gesellt sich dann 
oft zu diesem Erkennen der Drang, die Konsequenzen aus 
seinem Wissen zu ziehen. Beseelt dann ein solches Genie der 
Wunsch, seine Dienste dem Vorteile einer grösseren oder 
kleineren Gemeinschaft zu widmen, und findet er dabei aus 
Mangel an Einsicht, aus Torheit derjenigen, denen er nützen 
will, Widerstand, so ist es kaum zu verwundern, wenn ein solcher 
Grosser auch versucht, mit Zwang durchzusetzen, was er als 
notwendig erachtet, um zu dem Ziele zu gelangen. 
Dass Fichte zu diesen Naturen gehörte, dürfte nicht 
ausgeschlossen gelten, denn er hat seinen Wirkungskreis nicht 
allein auf die Lehrtätigkeit ım Hörsaale beschränkt, sondern 
er ist jedesmal, wenn die Gelegenheit und die Umstände es 
erforderten, ın den Dienst der Allgemeinheit getreten und hat 
dabei bekundet, dass auch in ihm dieses Streben vorhanden war. 
Jedenfalls aber. wollte er die Menschheit glücklich machen. 
Und bedeutet Feuerbachs Wort, dass Fichte auch Mahomed
	        
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