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messer) und den Tenorbuffo (David) in seine „Meistersinger“
herübergenommen, aber er hat sie unendlich vertieft. Hier
erkennt man aufs Beste das Walten des Genius’: bei Lortzing
sind es nur Typen, immer sich gleichbleibend, sie mögen
heißen, wie sie wollen, immer sich wiederholend — bei
Wagner dagegen sind es Menschen, Persönlichkeiten und
Charaktere, ihrem ganzen Sein und Wesen nach aus der Dichtung
geboren, die gar nicht anders sein können, als wie sie gerade
sind. Auch was der bayreuther Meister sonst noch von Lortzing
entlehnt, hat er.in ungleich größerer Auffassung gebracht.
Doch darauf werden wir später zurückkommen.
Vor Lortzings „Hans Sachs“ erschien eine andere komische
Oper in zwei Akten „Hans Sachs. Im vorgerückten Alter.“
Von Adalbert Gyrowetz (1763—1850). Dies ist wohl die
erste Hans Sachs-Oper.!) Als Entstehungszeit wird 1831 bis
1834 angenommen. Der Librettist ist nicht bekannt. Die
Musik wird von Mey als fließend, gefällig und populär, aber
ohne individuelle Kraft und Eigenart charakterisiert. Das
Bedeutungsvollere an dem Werk sei zweifellos das Libretto.
Eine ausführliche Inhaltsangabe der Oper findet sich in der
Zeitschrift „Die Musik“, II. Jahrg., Heft 16, S. 296 ff. — Sie
enthält bereits mehrere zunächst äusserliche Motive, die über
D. hinausweisen und die später in den „Meistersingern“ wieder-
kehren, Zunächst das Alter des Hans Sachs: er steht ungefähr
im 56. Lebensjahr und ist Wittwer, auch ist er nicht mehr
selbst der Liebhaber, sondern hilft einem Liebespaare. Da-
gegen bleibt auffallend, dass in dem Stücke die geschichtliche
und kulturgeschichtliche Umwelt Alt-Nürnbergs vollkommen
fehlt. Auch die Meistersinger werden völlig unhistorisch dar-
gestellt; über ihr Zunftwesen, ihre Schulen usw. erfahren wir
gar nichts. Dem Ratsherrn Eoban bei D. entspricht bei G.
der Sohn des Schultheißen von Nürnberg: Kajetan, ein alberner
protzenhafter Geck. Diesen will sein Vater, Tilemann von
Brambt, in öffentlicher Ratssitzung mit der reichen Patrizierin
a ——
') Biographisches über Gyrowetz siehe A. D.B. Bd. X (von Pohl.
Eine Oper „Hans Sachs“ wird dort nicht erwähnt!) und im „Musikalischen
Konversationslexikon“ von Mendel, Berlin 1874, wo S.463 gesagt wird:
„Seine (G.’s) letzte, für das Josefstädter Theater in Wien geschriebene
Oper „Hans Sachs“ ist nicht zur Aufführung gelangt.“