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vorging, waren alle Thore der Stadt geschlossen oder wenigstens mit
verstärkten Wachen besetzt, auf die Türme waren Genannte verordnet,
der Markt und das Rathaus waren mit Bewaffneten umstellt und den
Viertelmeistern und ihren Hauptleuten hatte man angesagt, aufs fleißigste
darauf zu achten, daß die Inwohner ihres Reviers nicht etwa durch
Feuer, durch Eindringen von Dieben in ihre Häuser oder sonstwie
Schaden erlitten. Man traf Vorsichtsmaßregeln, wie in einer belagerten
Stadt. So oder in ähnlicher Weise fand alle Jahre das dem schau—
sustigen und glaubensseligen Volke bald zu einer lieben Gewohnheit
gewordene und auch von auswärts, zumal da eine Messe damit ver—
bunden war, zahlreich besuchte Fest der „Heiltumsweisung“ statt.“)
Nur ganz ausnahmsweise bei gefährlichen Zeitläuften unterblieb
die öffentliche Zeigung. Fast stets war eine größere oder geringere
Anzahl mehr oder minder vornehmer Personen dabei zugegen. Nicht
selten hielten Bischöfe und selbst Erzbischöse das Hochamt. Die mit
der Heiltumsweisung verbundene Messe wurde schon 14831 von König
Sigmund auf 24 Tage verlängert. Seit 1464 wurde der Heiligtums—
stuhl vor dem neben dem Schopperischen gelegenen Hause Herrn Martin
Behaims, des Vaters des berühmten Reisenden und Kosmographen, der
auch daselbst geboren wurde, errichtet.“x) Die Einführung der Reformation
machte, wie manchem anderen, so auch diesem bunten Schauspiel ein Ende.
Im Jahre 15283 wurden die Heiligtümer zum letztenmale öffentlich gezeigt.
Für die Hut des Heiligtums und der Reichskleinodien wurden
schon in ältester Zeit zwei Ratsherren verordnet, die, da sie außerdem
alle diesen kostbaren Schatz betreffende Nachrichten, Privilegien,
Briefe u. s. w. in ein besonderes Buch, das sog. Heiligtumbuch, ein⸗
zutragen hatten, die „Herren ob dem Buch genannt“ wurden. Später
hatten stets die drei obersten Hauptleute der Stadt auch die Ver—
wahrung der Reichskleinodien zu besorgen, daher sie im Jahre 1721
von Kaiser Karl VI. neben dem Titel eines wirklichen kaiserlichen
Rats auch den offiziellen Titel „Kronhüter“ erhielten.
Zur Krönung der römischen Könige oder Kaiser wurden jedes—
mal besondere Deputierte auserwählt, die die Reichsinsignien nach den
Krönungsstätten, Aachen, gelegentlich auch nach Rom, später nach Frank—
furt a. M. zu ükerbringen hatten. Die Überführung geschah stets
mit dem stärksten Geleit und unter dem der symbolischen Bedeutung
dieser kostbaren Schätze entsprechenden Gepränge. Forts. folgt.)
*2) Nach der Erzählung Müllners, die allerdings für die erste Zeigung des
Heiligtums nicht recht beglaubigt zu sein sweint.
») Nach Murt, Beschreibung der vornehmsten Merkwürdigkeiten u. s. w. 2. Aus—
gabe, S. 245, wurde später ein einziges neues Haus auf der Stätte des Schopperischen
und Martin Behaimischen Hauses erbaut.