Objekt: Kaspar Hauser

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seiner Person zu verringern und damit sein eigenes Interesse 
zu schädigen. 
Schon am 7. Juli, also noch nicht 124, Monate nach 
dem Auftreten des angeblich ohne allen Unterricht, ohne 
allen Verkehr mit Menschen in einem engen Kerker groß⸗ 
gewordenen Knaben konnte der Oberbürgermeister Binder 
auf dessen Aussagen gestützt in einer Bekanntmachung einen 
detaillirten Bericht über Kaspars Gefangenschaft anbringen. 
Die Bekanntmachung hatte den löblichen Zweck, Nachforschungen 
über die Persönlichkeit des Findlings zu veranlassen. Sie 
war in einem Tone verfaßt, welcher erkennen ließ, daß 
Binder von vornherein Kaspar die wärmsten Sympathieen 
entgegenbrachte, seine Aussagen für unbedingt wahr hinnahm 
und gern in ihm einen Unglücklichen sah, der bisher das 
Opfer eines geheimnisvollen Verbrechens gewesen war. Wir 
haben keinen Grund, zu bezweifeln, daß Binder hierbei vom 
aufrichtigsten Gefühle geleitet wurde. Doch darf nicht über— 
sehen werden, daß er durch Förderung des romantischen 
Schimmers um Kaspar Hauser der Stadt, deren Oberhaupt 
er war, wesentliche Dienste leistete. In der langweiligen, 
thatenlosen, klatschsüchtigen Zeit mußte das Geheimniß, 
welches Hauser umgab, die Stadt, wo er weilte, interessant 
machen und der dadurch verursachte Fremdenzudrang ihr 
erhebliche materielle Vortheile bringen. Auch mußte von der 
Berühmtheit, die sie durch den mysteriösen Vorfall gewann, 
ein gut Teil auf Binder zurückfallen. Wenn letzterer, 
vielleicht ohne sich selbst dessen völlig klar zu sein, derartige 
Hoffnungen gehegt hat, so hat er sich, wie der Erfolg bewies, 
nicht getäuscht. Der Ruf von der geheimnisvollen Persönlich⸗ 
keit scholl durch ganz Europa, und schaarenweise kamen die 
Fremden nach Nürnberg, um das Wunder zu schauen. Die 
allgemeine, Anerkennung, welche Binders Fürsorge für Hauser 
fand, wird ihm jedenfalls nicht unlieb gewesen sein. Ehr—
	        
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