Volltext: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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bandes Deutscher Müller im Dezember vorigen Jahres ist der Beschluß 
gefaßt worden, den Erlaß eines Futtermittelgesetzes anzustreben. Die 
Grundlagen zu diesem Vorgehen sollen der heutige Vortrag und die sich 
daran anschließenden Verhandlungen bilden; denn dieser Gegenstand 
bietet so viel Schwierigkeiten, daß man ihn nur mit großer Vorsicht 
behandeln kann. 
Vorstand und Bleibender Ausschuß haben in jener Sitzung der 
Überzeugung Ausdruck gegeben, daß die Verfälschung von Futtermitteln 
einen solchen Umfang angenommen habe, daß es nicht länger zu umgehen 
sei, dagegen die Hilfe des Gesetzgebers und zwar in strafrechtlicher Be— 
ziehung anzurufen, wie es ähnlich bezüglich der Nahrungsmittel geschehen 
ist. Bekannt dürfte sein, daß unser Verband mit dieser Überzeugung nicht 
allein steht, daß vielmehr der Mißbrauch auf diesem Gebiete allgemein 
bekannt ist. Insbesondere ist das aus landwirtschaftlichen Kreisen bekannt, 
die schon seit langen Jahren ein gesetzliches Einschreiten in gleicher 
Richtung verlangen. 
Allerdings hat m. E. die Landwirtschaft diese Angelegenheit nicht 
ganz vorurteilsfrei behandelt. Man hat zu wenig berücksichtigt, daß sich 
die Futtermittelverfälschung meistens an den aus dem Auslande bezogenen 
Erzeugnissen zeigte, während sich erfreulicherweise die deutsche Müllerei im 
großen ganzen davon freigehalten hat, Ausnahmen immerhin zugegeben. 
Ferner aber, und das ist das Hauptbedenken der deutschen Müllerei gegen 
die Stellungnahme der Landwirtschaft auf diesem Gebiete, haben die land— 
wirtschaftlichen Versuchsstationen bei Prüfung der ihnen vorliegenden 
Futtermittel häufig einen Standpunkt eingenommen, der sich nicht recht— 
fertigen läßt, wenn man die Interessen der Müllerei und des Handels 
denen der Landwirtschaft gleichstellt. Um so bedenklicher ist es hierbei, 
daß die Untersuchungsergebnisse bei den landwirtschaftlichen Untersuchungs— 
stationen so oft und so weit von einander abweichen. 
Insbesondere muß man es als verfehlt bezeichnen, daß den Maßstab 
für die Beurteilung dieser Sache die Zahl der von den landwirtschaft— 
lichen Versuchsstationen gefundenen Verfälschungen bilden soll; denn dabei 
vergißt man nur zu oft, daß diesen Stationen wohl immer nur die— 
jenigen Erzeugnisse vorgelegt werden, die, wie man im Strafprozeß sagt, 
schon „hinreichend verdächtig“ sind. Bei solcher Art der Prüfung muß 
natürlich die Zahl der Fälschungen ungeheuerlich erscheinen, indem die 
Zahl der nicht zu beanstandenden Erzeugnisse überhaupt nicht in die Er— 
scheinung tritt. 
Um aber Mißverständnisse zu vermeiden, möchte ich die Bemerkung 
nicht unterdrücken, daß die Müllerei durchaus das Bestreben haben muß 
und auch hat, auf diesem Gebiet nicht gegen, sondern mit der Landwirt— 
schaft Hand in Hand vorzugehen, was uns allerdings nicht abhalten darf, 
in erster Linie die Interessen der deutschen Müllerei zu wahren. Wenn 
sich damit ein Schutz der landwirtschaftlichen Interessen verbinden läßt: 
um so besser. Aber die Landwirtschaft ist uns Müllern insofern schon 
längst ein bedeutendes Stück voraus, als sie Versuchsstationen besaß und 
besißt und sich dadurch einen sehr wirkungsvollen Schutz schuf.
	        
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