Volltext: Eine anonyme deutsche Gottesdienstordnung aus der Reformationszeit

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Entwickelung dieses Systems zu schreiben. Ich wollte hauptsächlich das pneumatische System 
der Firma Link (Giengen a. B. in Württemb.) einigermaßen erklären. Es giebt heut— 
zutage eine große Anzahl von Konstruktionsarten, die alle auf dem röhren⸗-pneumatischen 
Prinzip stehen, aber in der Ausführung nicht unwesentlich voneinander abweichen. Zwei 
derselben, beide von den Gebr. Link erfunden, möchte ich hier zur Darstellung bringen. Das 
früher von der genannten Firma angewandte, ebenfalls röhren-pneumatische Spstem ist 
charakterisiert durch die sogenannte „Membranenleiste“: Von den CTastenenden führen Röhren 
zu einem innerhalb der Orgel angebrachten pneumatischen Apparat und von diesem wiederum 
andere Röhren zu der unterhalb der Windlade liegenden „Membranenleiste“. Die Membranen— 
leiste ist ein Holzschlauch, der oben mit Ledermembranen bedeckte Offnungen hat. Die 
Führungsstangen („Stecher“) der Kegel, welche in diesen festgeschraubt sind, haben an ihrem 
unteren Ende, mit welchem sie durch den Boden der Registerkanzellen hindurchgehen, Holz— 
muttern und ragen so tief heraus, daß sie auf den im Zustande der Ruhe befindlichen, also 
eingesenkten (zugeklappten) Membranen beinahe aufsitzen. Ein Abstand von mehreren Milli— 
metern ist jedoch notwendig, damit das Kegelventil sicher und vollständig einfallen kann und 
keine „Heuler“ entstehen. Stromt nun in die Membranenleiste Wind ein, so werden die 
Membranen aufgeblasen, ——— nach kurzem Leergang die belederte Holzmutter am Stecher 
und heben durch diesen während ihrer weiteren Aufwärtsbewegung das Kegelventil, so daß 
der in der Registerkanzelle enthaltene Wind in die Pfeife einströmt und dieselbe zum Er— 
klingen bringt. In die Membranenleiste aber strömt der Wind in dem Augenblicke ein, wo 
die Taste niedergedrückt wird. Die Tasten verschließen nämlich mit ihrem hinteren Ende die 
von ihnen ausgehenden Röhren, welche mit Wind gefüllt sind. In diesem Falle kann von 
dem genannten pneumatischen Apparate aus kein Wind in die Membranenleiste dringen. 
Wird aber die Taste niedergedrückt und hebt sich infolgedessen das CTastenende, so kann die 
in der Röhre enthaltene Luft ausströmen; dadurch wird in dem mit Wind gefüllten pneu— 
matischen Apparate eine Offnung frei, welche den Wind durch eine Röhre zur Membranen— 
leiste dringen läßt, so daß sich sofort die Membranen aufblähen und damit die Kegel heben. — 
All das ist das Werk eines Augenblicks. 
Bei diesem System ist die Kegellade vorausgesetzt. Bei der neueren Konstruktion 
der „rein-pneumatischen Windlade“ dagegen fällt auch Kegel und Stecher völlig weg, 
desgleichen die Membranenleiste. Der Wind wird (wie bei der Kegellade) jedem Register 
durch besondere Kanzelle zugeführt. Quer über die Lade liegen die Pfeifenstöcke, starke Holz— 
leisten, auf welchen die Pfeifen stehen. In diesen Leisten liegt der Verschluß der für jede 
Pfeife vorhandenen, durch den Deckel der Registerkanzelle direkt nach oben führenden Bohrung. 
Der Verschluß wird durch ein rundes pneumatisches Bälgchen gebildet. Bei ruhender Taste 
sind diese Bälgchen (von dem „pneumatischen Apparate“ aus) mit Wind gefüllt, also auf— 
geblasen; sie verschließen in diesem Falle die aus der Windlade zur Pfeife führende Wind— 
öffnung. Sowohl die vom pneumatischen Apparate aus zur Taste führenden als auch die zu 
den Bälgchen führenden Röhren sind mit Wind gefüllt (im Unterschied vom erstgenannten 
System, bei welchem bei ruhender Taste nur die zur Taste führenden Röhren mit Wind ge— 
füllt, die zur Membranenleiste führenden aber ohne Wind sind). Wird nun die TCaste an— 
geschlagen und damit ihr hinteres Ende gehoben, so strömt der Wind hier aus; dadurch wird 
(durch die veränderten Druckverhältnisse) im pneumatischen Apparat eine Offnung frei, die 
auch aus den zu den Bälgchen führenden Röhren den Wind ausströmen läßt. Dadurch 
klappt das Bälgchen zusammen, und der Wind kann in die Pfeife strösmen. Und zwar gelangt 
der Wind auf dem allerdirektesten Weg zur Pfeife, nicht erst auf Umwegen (nicht durch 
verschiedene senkrechte und wagrechte Bohrungen und „Führungen“, wie dies namentlich bei 
der Kegellade und andern dieser nachgebildeten Laden der gFall ist). Was die Präzision 
der Ansprache betrifft, so ist der mit diesem System erreichte Grad der Vollkommenheit 
wohl der höchstmögliche. Auch bei raschester Aufeinanderfolge der Töne, auch bei dem im 
schnellsten Tempo wiederholten Anschlag ein- und derselben Taste kommt der Ton stets klar 
und prompt. Dabei hat die Konstruktion den Vorzug größter Einfachheit und Solidität.
	        
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