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Ihre Kleidung war reich, aber einfach und nach den Abbildungen,
von welchen in den sogenannten Schembartbüchern noch eine große
Anzahl existiert, jedes Jahr nach demselben Schnitt und nur durch
die Farben verschieden. Einige kleideten sich auch in abenteuerliche
Gestalten, in wilde Männer, Indianer, Männer mit Wolfsköpfen u. s. w.
Im Jahre 15283, während der reformatorischen Bewegung machte
ein Schembartläufer, der in einem aus lauter Ablaßbriefen mit daran
befindlichen päpstlichen Siegeln zusammengesetzten Gewand erschien,
ein ganz besonderes Aufsehen. Am Ende des Zuges kam die soge—
nannte Hölle, ein künstliches Feuerwerk, welches auf einer Schleife
nachgefahren und gewöhnlich am Ende des ganzen Faschingsvergnügens
vor dem Rathause abgebrannt wurde. Diese Hölle erschien unter
den verschiedensten Formen, als ein Schloß, ein Schiff, eine Wind—
mühle, ein Drache, ein Elefant mit einem Turm voll Krieger, ein
Teufel, der die bösen Weiber fraß, ein Backofen, worin Narren ge—
backen wurden, eine Kanone, woraus man böse Weiber schoß, ein
Glücksrad, welches lauter Narren herumdrehte u. s. f. Daß die
gemachten Fastnachtswitze fast durchweg nicht zu den feinen gehörten,
versteht sich in jener derben Zeit von selbst.
Der Schembart wurde bis zum Jahre 1524 mit jeweiligen
Unterbrechungen abgehalten. Von da an pausierte er 15 Jahre lang;
die reformatorische Beweguug, welche sich aller Geister bemächtigt
hatte, wird wohl hauptsächlich Ursache gewesen sein, daß man nicht
an den Schembart dachte. Für das Jahr 1539 war aber wieder ein
solcher in Vorbereitung, denn wenn man auch in Nürnberg bereits gut
bprotestantisch war, so wollte man darum doch von dem eingebürgerten
Faschingsvergnügen nicht lassen. Anders dachte der ebenso hitzige als
gelehrte Hauptprediger von Lorenzen, der bekannte Dr. Andreas Osiander.
Wie er die Himmelskönigin des englischen Grußes von Veit Stoß
eine Grasmagd hieß, so eiferte er von der Kanzel auch gegen das
Fastnachtstreiben als ein verwerfliches papistisches Ueberbleibsel. Dies
empörte das faschingsfreudige Volk und auch die Schembartunter—
nehmer unterließen es nicht, Rache zu nehmen. Der am 18. Feb—
ruar ins Werk gesetzte Schembart bestand aus etwa 150 Personen,
meistens aus den ehrbaren Geschlechtern und der Aufzug war prächtiger
ausgestattet, als er je vorher gewesen ist. Hauptleute waren Jakob
Muffel, Joachim Tetzel und Martin von Ploben. Die Hölle war
diesmal ein großes Schiff, von Buben gezogen; in diesem saß zwischen
einem Doktor und einem Narren ein dicker Pfaffe, welcher statt des
Meßbuchs ein Brettspiel in der Hand hatte. Dieser Priester sah
dem Dr. Osiander auffallend ähnlich und der so Verhöhnte versäumte
nicht, beim Rate seine Beschwerde anzubringen. Die Folge war, daß
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