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durch eine tüchtige Volksbildung aufgeführt wird, Die Bildung des Volkes kann
aber' nur dann gedeihen, wenn vor Allem die Uberw achung des Volksunter—
richtes Männern übertragen wird, welche die Erziehung als ihre
Berufswissenschaft erlernt haben.,
Den Volksschullehrern ist doch wohl jetzt schon zuzutrauen, noch mehr aber
unter der Voraussetzung einer tüchtigen Vorbildung, daß sie am besten wissen,
was zu einer guten Volksbildung gehört und wie dieselbe zu begründen und zu
pflegen sei. Der Stand der Volksschullehrer steht näher an der Masse des Volkes,
als jeder andere Stand. Daher ist ihm, wie kaum einem andern Stande möglich,
die Beschaffenheit der Volksbildung mit ihren Mängeln kennen zu lernen und
hieraus die Vorschläge zu ihrer fortwährenden Verbesserung abzuleiten. Aber
bisher sieht und fühlt sich der Lehrer überall beschränkt, weil, wohin er sich, mit
seinen Vorschlägen wendet, er allenthalben auf Männer trifft, welche seinen
Beruf nicht teilen, denen daher die rechte Teilnahme für seine Sache fehlt und
die sich nur selten die Mühe geben, sie gehörig zu würdigen. Wenn nun allgemein
als Grundsatz gilt, daß jeder Stand von seines Gleichen am besten beaufsichtigt
werde, und wenn es schon die Würde jedes einflußreichen Berufes für sich fordert,
selbständig dazustehen: so muß diese Selbständigkeit um so mehr für den Beruf
der Volkserziehung in Anspruch genommen werden, weil er in seinen tiefgreifenden
Wirkungen allermindestens keinem andern Berufe nachsteht, und weil er, durch
fremden Einfluß getrübt, ewig des erkannten Zieles verfehlen muß. Nun wird
der Lehrer aber vom Pfarrer beaufsichtigt, der, meist ohne pädagogische Bildung,
die Schule zu sehr für kirchliche Zwecke benützt, öfters noch mit Abneigung, ja
Widerwillen, dieses wichtige Amt als lästiges Anhängsel der Kirche betrachtet, und
dadurch wird hauptsächlich die Sache der Schule ihrem eigentlichen Standpunkte
entrückt. Daher erscheint es als notwendig:
„Die Schule von der Kirche zu trennen
„jund den Pfarrer von der Aufsicht über
jden Lehrer zu entheben.“
Die religiöse Bildung geht dadurch, in der Schule nicht verloren; denn die
Religion ist elwas ganz anderes, als die Theologie. Wenn man nun erwägt,
daß die eigentliche Religion in den verschiedenen Glaubensbekenntnissen eine und
diefelbe ist, und daß die kirchlichen Satzungen es waren, welche schon unsäglich
viel Jammer und Elend über ganz Deutschland gebracht haben und die den
Frieden immer wieder aufs neue zu stören drohen; so ergibt sich als ein dringender
Wunsch, die urteilslose Jugend mit den strittigen Glaubenssätzen noch nicht bekannt
zu machen, um nicht schon in das Gemüt der Unmündigen entzweiende Ansichten
zu legen, und in ihr Herz nicht den Haß und die Verfolgungssucht statt der Pflicht
der allgemeinen Menschenliebe zu säen. Daher möchte es geraten sein, „die
unterscheidenden Kirchenlehren dem Pfarrer, zu überlaässen, dieselben
aber nicht in der Schule zu lehren, sondern sie in den Konfirmanden—
unterricht zu verweisen.“
Die Theologen haben aber nicht nur die Volksschule für ihre Zwecke benützt;
sie haben sich auch, damit diese um so sicherer erreicht würden, zugleich der Vor—
und Fortbildung des Volksschullehrers bemächtigt. Die Lehrer an den
Seminarien sind hauptsächlich Theologen. Die vorzüglichste Bedingung zur Auf⸗
nahme in ein Schullehrerseminar besteht in dem Gedaͤchtniswerk von einer Masse
kirchlicher Lieder und Bibelsprüche, verbunden mit den Lehrsätzen des
Katechismus für Kinder. Der Bildungsgang des Volksschullehrers beginnt
also in, der von Geistlichen beaufsichtigten Volksschule, geht durch die von Geist⸗
lichen überwachte Vorbereitungsanstalt und endigt mit dem von Geistlichen ge—
leiteten Seminar; und hierauf nimmt ihn die Fortbildungsanstalt auf, wieder
eine theologische Anstalt, so daß durch diesen Bildungsgang des Lehrers für die
eigentliche Volksbildung nichts gebessert wird, wenn, auch die Trennung der
Schule von der Kirche ausgesprochen würde. Es muß hiezu noch kommen, daß