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bewegten Herzens Ew. Majestät zu der seltenen Feier in
gegenwärtigen Zeilen Meine wärmsten und aufrichtigsten
Segenswünsche aus:«*) — Die Erinnerungen ferner zugleich
an die Kämpfe, an den Führer und an die Gründung des
Reichs haben einen denkwürdigen Ausdruck gefunden in dem
Armeebefehl vom 20. März 1897, mit welchem aus Anlafs
der Feier des 100. Geburtstags Kaiser Wilhelms der Regent
auch der bayerischen Armee die deutsche Kokarde verlieh.**)
Hier hiefs es: »Die in ganz Deutschland stattfindende Ge-
denkfeier des 22. März lenkt den Blick zurück auf die
srofse Zeit, in welcher die hehre Gestalt des hochseligen
Kaisers Wilhelm I. die Wehrkraft von Nord und Süd auf die
Schlachtfelder geführt, auf deren blutgetränktem Boden dem
idealen Gedanken der Einigung Deutschlands die Bahn zu
lebensvoller Wirksamkeit erkämpft wurde. Unauslöschlich
wird in der Armee die Erinnerung an den glorreichen Führer,
den Begründer des deutschen Reiches fortleben für alle
Zeiten . . .«
Nun begann wieder die Thätigkeit des Friedens. Es
galt das Einleben in die neuen Formen, die der deutschen
Nation gegeben waren, die Verwertung der Erfahrungen des
Kriegs, das unermüdliche Weiterarbeiten an der Neugestaltung
des Heeres, zu dessen Generalfeldzeugmeister Luitpold wenige
Jahre später bei seinem 40 jährigen Dienstjubiläum erhoben
wurde. Bald sah er sich auch von neuem, wie schon unter
seinem Bruder Maximilian, so jetzt unter dessen Sohn nur
in weit. stärkerem Mafse zu einer Wirksamkeit im Sinne einer
Stellvertretung des Königs berufen. Ein tiefer Hang
zur Einsamkeit erfüllte den Monarchen und hielt ihn immer
mehr von der Berührung auch mit den höchsten Kreisen
des Staates zurück, welche sich im gewöhnlichen Lauf der
Dinge des Verkehrs mit dem Herrscher zum Zweck der
Erledigung wichtiger Staatsfragen zu erfreuen pflegen. Diese
Aufgabe der Vermittlung überkam Luitpold. Ihm lag es
auch vor allem ob, die Beziehungen von Hof zu Hof zu er-
*) ebenda S. 202.
**) Schulthefs-Roloff, Europäischer Geschichtskalender für 1897
zum Datum.