verschiedensten Leuten. Die einen wußten das sechzehnte Jahr-
hundert ganz richtig abzuschätzen, den anderen fehlte jegliches Ver-
ständnis für den poetischen Wert Hans Sachsens — in dieser Rich-
tung bietet J. J. Bodmer eine ergötzliche Erscheinung — wieder
andere urteilten schlankweg ab, ohne vielleicht auch nur eine Zeile
von Hans Sachs zu kennen. Es gab Richtungen, denen Hans Sachs
einfach zum Prügelknaben geworden war, man brauchte ein Schlag-
wort, das lautete „Hans Sachs“, wie viel man sich nun darunter
vorstellte, das war ganz nebensächlich, er war einfach, wie Musäus
sich ausdrückte, zum „Märtyrer aller Abwechselungen unsers
deutschen Dichtergeschmacks“ geworden. Im Kampf der Schweizer
gegen die Leipziger mußte der wiedererweckte Hans Sachs manchen
harten Strauß mit ausfechten helfen. Und gerade hier zeigt uns
das Hereinzerren Sachsens deutlich, wie wenig die streitenden Par-
teien in sein Verständnis eingedrungen waren. Nun flanieren aber
durch das ganze Reich der deutschen Literatur die literarischen
Windbeutel, die nehmen, wo zu nehmen ist, oder die, wenn sie
gerade nichts zu nehmen haben, wenigstens den Namen eines
anderen in Narrenpossen ausklingeln. Wie viel mögen manche
dieser Leute von Hans Sachs wirklich gekannt haben, diese Frage
regt sich oftmals, nur läßt sie sich leider nicht immer bestimmt
beantworten. Es hat Zeiten gegeben, in denen man von Hans
Sachs gewiß sehr wenig kannte. In der zweiten Hälfte des sieb-
zehnten und in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts ist
die größte Ebbe anzusetzen. Die Erbschaft Hans Sachsens treten
die verschiedensten Stände an und in der verschiedensten Weise
haben sie mit diesem Erbe geschaltet. Zunächst würde man an
seine Genossen auf dem Felde der Dichtung, an die Meistersänger
denken und gewiß, bei ihnen leuchtet das Andenken an Hans Sachs
noch weithin über den Niedergang ihrer Kunst, aber wirklich herauf-
gezogen in die Höhen literarischen Glanzes wird der demokratische
Hans Sachs durch eine aristokratische Gesellschaft. Was bildet nun
das literarische Vermächtnis, auf dem sich das Nachleben Hans
Sachsens aufbaute?
Gegen den Abend seines Lebens, am 1. Januar 1567, hielt
Hans Sachs Überschau über seine bisherige literarische Tätigkeit
und gab in einer poetischen „Summa“ die Zahl seiner Dichtungen
an. Es lagen ihm 16 Meistergesangbücher, 17 Spruchbücher und