Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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leichten Rhythmus, den sich willig anbietenden Reim 
bei manchen Gelegenheiten. Es schien diese Art so 
bequem zur Poesie des Tages und deren bedurften 
wir jede Stunde.“1 Das ist die Anschauung, wie sie Goethe 
gegen den Abend seines Lebens in gereifter Form hegte, inhaltlich 
zielt sie auf die dichterische Tätigkeit in den Siebzigerjahren des 
18. Jahrhunderts, Goethe hat im Eingang des achtzehnten Buches 
von „Dichtung und Wahrheit“ die Bedeutung des Reimes für die 
deutsche Verskunst betont, der den Vorteil brachte, „daß man auf 
eine sehr naive Weise verfahren und fast nur die Sylben zählen 
durfte“. Das habe auch im 18. Jahrhundert sich als richtig erwiesen. 
Die besten Erfolge erzielten die, „die sich des herkömmlichen 
Reims mit einer gewissen Beobachtung des Sylbenwerthes bedienten 
und, durch natürlichen Geschmack ‚geleitet, unausgesprochene und 
unentschiedene Gesetze beobachteten; wie z. B. Wieland“%2. Auch 
Wielands leichtfließende Verstechnik hat veranlaßt, an Hans Sachs 
als anregenden Vorgänger zu denken. Darüber später noch einige 
Worte. Jedenfalls gab es für Wieland eine Zeit — und das ist 
gerade die, auf die Goethes oben angeführte Äußerung über Hans 
Sachs hinzielt —, in der er nicht nur in Knittelversen dichtete, 
sondern auch die Knittelverse den Hans-Sachsischen Versen gleichsetzte. 
Es handelt sich um die „Titanomachia“ (verfaßt 1775). Die Rich- 
tigkeit der Anschauung Goethes über die Verwendung des Hans- 
Sachsischen Verses ist angefochten worden.? Wir werden noch sehen, 
ob und mit welcher Berechtigung Goethe sich so äußern konnte. 
Zunächst soll versucht werden darzulegen, wie die Spuren Hans 
Sachsens in Goethes Schaffen hereinragten. Wieland wird dabei 
schicklich gleich mit in Betracht gezogen. 
Es handelt sich, wie bereits erwähnt wurde, bei dieser Vers- 
angelegenheit einerseits um das Hans -Sachsische, anderseits um 
Hans Sachs. Die erste Richtung tritt bei Goethe früher auf als die 
zweite, auch bei Wieland ist dies der Fall, doch ist der zeitliche 
Abstand, der bei Wieland das erste Auftreten der beiden Richtungen 
von einander trennt. ein geringerer als bei Goethe. Bei Wieland ist 
ı Werke (Weimar), 29. Bd., 8. 83. 
2 Goethes Werke (Weimar), 29. Bd., S. 81—832, 
3 Vgl. Wilhelm Sommer, Die Metrik des Hans Sachs. Gekrönte 
Preisschrift. Rostock. 1882. 8. 43.
	        
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