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Freund, und den Prediger Wenzel Linck gesammelt hatten, —
die „sodalitas Staupitziana“ —, aus der ganzen Art seiner Kunst,
aus der Wahl der von ihm am liebsten und immer wieder be-
handelten religiösen Gegenstände würden wir schon den Schluss
ziehen müssen, dass Dürer zu jenen‘ mystisch gestimmten, der
Reformation vorarbeitenden Frommen gehörte. Wer mit 24 Jahren
als erstes monumentales Hauptwerk die Illustration der Apocalypse
in riesengrossen Tafeln in Angriff nimmt, dann als Lebensthema
immer und immer wieder die Passion Christi behandelt, der zeigt da-
durch schon deutlich genug, wohin ihn die innere Magnetnadel weist.
Männer aus dem Kreise jener Nürnberger Mystiker waren es, die
ihm künstlerische Aufträge gaben, denen wir unter seinen Porträts
begegnen, die zu seinen Freunden zählten. Die. Auswahl der
Volksschriften, die im Verlage seines Pathen Koburger erschienen,
ist auch lehrreich dafür, . in was für mystisch durchtränkter Luft
der junge Dürer aufwuchs. Nun sehen wir, dass er als gereifter
Mann gerade in einem seiner Hauptwerke die Kunst seines Grab-
stichels in den Dienst dieser Ideen gestellt hat. Mehr noch als alle
äusseren Beweise für die getreue Anhängerschaft Dürers an Luther
und die reformatorische Bewegung, die von der objectiven Forsch-
ung ja in immer erdrückenderer Zahl und Wucht herbeigeschafft
werden,! sprechen solche innere Beweise für jeden, der hören
will, eine nicht misszuverstehende Sprache, wohin Dürer seiner
ganzen inneren Entwicklung nach gehörte. Und diese Entwicklung
vollzieht sich mit solcher Stetigkeit, — Gesetzmässigkeit möchte man
sagen —, dass es für jeden, der Verständnis für innere Entwicklung
hat, ausgeschlossen ist, eine solche Natur habe am Abend ihres
Lebens sich selber untreu werden können wie sein Freund Pirk-
heimer und Erasmus von Rotterdam. Es ist ein wichtiges und
interessantes Stück Zeitanschauung und persönlicher Weltanschau-
ung, was aus Dürer’s Meisterwerke Ritter Tod und Teufel zu
uns spricht.
1 Vgl.vor allem die neuerlichen trefflichen Beobachtungen von
Kalkoffim Repertorium f. Kunstwissenschaft XX, 443 fg., und die
frühere Arbeit von Zucker «Dürers Stellung zur Reformation», Er-
langen 1886, Jetzt alles zusammengefasst in der neuen Dürerbiographie
von Zucker, Halle 1900, Kap. 16.