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dem Mittelbild seien zu klein, hätten zu kleine Flügel, man solle
die Engel und ihre. Flügel auf dem großen Holzschnitt der »Ma-
donna mit den Hasen« vergleichen, »was für blöde Flügel haben
die armen Wichte in Dresden«. Ich brauche nicht an die zahl-
reichen Blätter zu erinnern, wo dieselben kleinen Engel vorkommen,
auch gleichzeitig mit größeren Engeln, z. B. in der Apokalypse: B. 70, 71
(vier Formate), 74. Warum Dürer hier gerade sein kleines Engelformat
genommen hat, das will ich später zu erklären versuchen, undürerisch
sind sie jedenfalls nicht. (Die Flügel des Engels vorne, mit dem
Wedel, sind neu und sehr töricht, die alten Flügel sind jedoch
noch deutlich zu erkennen.) Die Krone sei zu .kleinlich, man solle
die Krone auf der »Madonna mit den Hasen« vergleichen. Dagegen
bitte ich, nur einmal die Apokalypse auf Kronen durchzusehen, so wird
man genug Analogien finden; daß Dürer seinen kleinen Engeln lieber
eine leichte niedrige Krone in die Hand gibt, ist begreiflich. Die
Landschaft mache »geradezu einen niederländischen Eindruck«. Ich
kann mir das hohe schmale Haus mit dem Treppengiebel sehr gut
in Nürnberg denken; und in der Gesamtanlage der Gebäudegruppe, mit
dem Torbau als Abschluß, den tief herabziehenden Dächern finde ich
deutliche Analogien mit dem frühen Dürer, nicht nur mit undatierten
Zeichnungen, sondern z. B. auch mit dem »Männerbad« (rechts oben).
Was würde man denn sagen, wenn der » Verlorene Sohn« nicht als Stich,
sondern als Gemälde. ausgeführt wäre, und jetzt im Berliner Museum
auftauchte: vor Brueghel unmöglich! Auch die Staffage, die jetzt
als. Farbschicht neu ist, aber wohl auf alter Unterlage, scheint mir
durchaus im Kreise damaliger Dürerscher Kunst zu liegen. Ebenso
Joseph bei der Arbeit und ‚die kleinen helfenden Engelchen, inhalt-
lich die berühmten Motive der »Ruhe auf der Flucht« von 1504
vorbereitend.
Auf den Flügeln
tadelt Wölfflin das unklare Gedränge der Engel; »ein solches
Gewühl und. solch ein Durcheinander von Kleinem und .Großem«
komme ‘bei Baldung: vor, aber niemals bei Dürer. Ich finde
es‘ jedoch auf nahezu allen Gemälden Dürers, die überhaupt Ge-
Justi, Dürers Dresdner Altar.