Volltext: Offizieller Bericht über die Verhandlungen des Kunsthistorischen Kongresses zu Nürnberg

abgesehen davon, dass auch das christliche Museum der Universität selbst 
sine ansehnliche Sammlung von Gypsabgüssen, besonders altchristlicher Skulpturen, 
anthält. Es ist F. Pipers Verdienst, nach achtjährigen Bemühungen dessen Gründung 
im Jahre 1855 durchgesetzt zu haben. (Siehe dessen Einleitung in die monumentale 
Theologie. Gotha 1867, S. 762.) 
Ausserdem bietet sich das Germanische Museum in Nürnberg uns als 
ein treffliches Beispiel und Muster dafür dar, welche Fülle von Anregungen und 
Studienmaterial für den Kultur- und Kunsthistoriker wie für jeden kunstliebenden 
Geschichtsfreund eine methodisch und reichhaltig angelegte Sammlung von Gyps- 
abgüssen, wenn auch nur vaterländischer Skulpturwerke und Monumente enthält. Allein 
zo mannigfaltigen Nutzen sowohl die Besucher als auch die einheimischen Gelehrten 
Nürnbergs aus dieser Sammlung auch ziehen mögen, so kommt sie doch keinem 
Lehrstuhl an einer Hochschule direkt zu gute. 
Auch die verschiedenen Gypssammlungen der technischen Hochschulen und 
Kunstgewerbeschulen kommen, selbst wo sie sich in derselben Stadt neben einer 
Iniversität befinden, dem kunstgeschichtlichen Unterricht an diesen letzteren nur in 
veschränkter Weise zu statten, teils aus Verwaltungsgründen, teils weil die Gyps- 
sammlungen der ebengenannten Institute mehr nach den Bedürfnissen des praktischen 
Xunstunterrichtes als nach kunsthistorischen Prinzipien angelegt sind. Damit soll 
nicht geleugnet werden, dass in grossen Städten, wie z. B. in Wien, die Gyps- 
sammlungen der Kunstakademie und des k. k. österreichischen Museums für Kunst 
and Industrie dem selbständigen Forscher auf dem Gebiete der Kunstgeschichte 
nicht manche Erleichterung gewähren, wogegen sie für didaktische Universitäts- 
zwecke wohl nur in sehr beschränktem Maße verwendet werden können. 
Es sei mir hier eine kurze Abschweifung gestattet, um auf einige grossartige 
Gypssammlungen plastischer Werke des Mittelalters und der Neuzeit im Ausland 
ınzuweisen, welche zwar ebenfalls nicht an Universitätssitzen sich befinden, 
ıedoch in Verbindung mit kunsthistorischen Lehrstühlen stehen. 
Dieselben beweisen so recht ad oculos, welche gewaltige und mannigfaltige Formen- 
ülle auch die plastischen Werke der Kathedralen und sonstigen Monu- 
mente der christlichen Ära in sich bergen, an welchen nicht bloss die 
Fachgelehrten, sondern jeder Freund eigentümlichen Kunstschaffens reichlich so viel 
Belehrung, Anregung und ‘Genuss finden kann als an den klassischen Skulpturen. 
Ich führe in dieser Beziehung die Worte Viollet-le-Ducs an, der so viel gethan 
nat, uns das Verständnis der Schönheiten der mittelalterlichen Kunst zu erschliessen: 
„Le beau, loin d’Etre rive A une certaine forme, se traduit dans toute creature par 
une harmonie, une ponderation qui ne denendent Das essentiellement de la forme“ 
Diet. de Varch. VIII, p. 166.) 
Das Ideal einer Gypssammlung mittelalterlicher Skulpturen dürfte in der. That 
die nach Viollet-le-Ducs Programm angelegte Sammlung im Trocadero in Paris 
sein. Dieselbe versöhnt uns fast mit der geschmacklosen Architektur des Baues 
selbst, wenn wir sehen, dass letzterer wenigstens so grossartige und geeignete Räume 
ür die Aufstellung der Gypse gewährt, die, zum Teil von ganzen Portalen und 
Mausfassaden abgenommen, in der Zahl von etwa 2000 Nummern die mächtigen 
Säle der beiden Flügel des Riesenbaues ausfüllen. An Ort und Stelle können wir 
ıns da ein fast vollständiges Bild der Entwickelung der französischen Skulptur vom
	        
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