einer neuen Kunstanschauung erkennen lassen. Wie für die Geschichte der deutschen
Bildschnitzkunst bieten die Krakauer Kunstschätze auch für jene des deutschen Erz-
zusses hochbedeutsame Denkmale. Die zeitlich früheste Arbeit ist die in Flachrelief
gearbeitete Grabplatte des 1496 gestorbenen Philippus Callimachus, welcher lebens-
wahr in der vollen geistigen Bedeutung seiner Persönlichkeit dargestellt erscheint.
Die gravierte Grabplatte eines aus dem Geschlechte Salomon hält, wie die gleich
behandelte Grabplatte am Denkmal des Kardinals Friedrich, in der Ornamentation
noch gotische Züge fest, indes die Darstellung der Person die voll erreichte Individuali-
sierung wahrnehmen lässt. Kraftvoller und markiger ist die Bronzeplatte für den
1505 gestorbenen Petrus Kmytha de Vysnycze, welche in der ganzen Haltung und
der trefflichen Durchbildung des Gesichtes für das Streben des Meisters nach bildnis-
;reuer Wiedergabe einer energischen Persönlichkeit zeugt. Die seitlich eingestellten
Figuren der Apostel Petrus und Paulus sind ungemein edel in Auffassung, Haltung,
Gewandung und Ausdruck der prächtig behandelten Köpfe. Noch feiner als die
eben erwähnte Platte und künstlerisch die bedeutsamste bleibt jene für den 1506
zestorbenen Krakauer Ratsherrn Petrus Salomon de Benedictowycze. Schon die
Umrahmung mit den beiden Drachen zu Seiten des Schildes und mit den Füllfiguren
ler oberen Ecken steht auf einem andern Punkte als die Kmytha - Platte, deren
Tauptgestalt dem Petrus Salomon am nächsten kommt. Letzteren stempeln eine
<lassisch vornehme und dabei ungezwungene Haltung, ruhiger Fluss der in wenigen
yrossen Falten herabfallenden Gewandung, lebensvolle Durchbildung des charakteristischen
Kopfes mit den sprechenden Augen und dem jede Einzelheit mild verklärenden
Ernste zur Schöpfung eines feinen, künstlerischen Empfindens, welches den Gegen-
stand seiner Darstellung wirklich psychisch ganz zu fassen vermag, und dessen starke
Wurzeln in einem anderen Boden als die Kunst des Veit Stoss stehen. Dagegen
klingt die Gotik nach in der grossen Platte der Stirnseite am Grabmale des Kardinals
Friedrich, welches König Sigismund I. dem geliebten Bruder 1510 errichten liess;
30 in der Haltung der Madonna mit dem Kinde, vom Kardinal verehrt, welchen
der an dem auferweckten Toten kenntliche heilige Stanislaus der Gottesmutter empfiehlt.
Joch hat die breite, der Renaissance geläufige Formenbehandlung sonst das Über-
gewicht. Stilistische Übereinstimmungen, besonders der drei letztgenannten Werke,
nit beglaubigten Arbeiten des berühmten Nürnberger Rotgiessers Peter Vischer ver-
weisen diese herrlichen Krakauer Denkmale auf den Boden deutscher Kunstübung,
mag nun Peter Vischer selbst oder einem von ihm herangebildeten Meister die Aus-
ührung zu danken sein. Da gerade an der Wende des Mittelalters und der Neuzeit
aervorragende Nürnberger Meister, wie Veit Stoss, Hans Sues von Kulmbach oder
der als Hofmaler erweisbare Hans Dürer, in Krakau arbeiteten, so hätte in diesem
der Nürnberger Kunst auf Krakauer Boden ungemein günstigen Zeitalter eine direkte
Beschäftigung Peter Vischers für die polnische Krönungsstadt nichts Auffallendes.
Die vom Geiste eines neuen Zeitalters getragenen Krakauer Werke der auf Nürn-
»)erger Boden ausgebildeten Maler Hans Sues von Kulmbach und Hans Dürer fallen
aicht mehr in den Rahmen dieses V ortrages, welcher nur noch darauf hinzuweisen
1at, dass sich verschiedene Tafelbilder, denen kein absolut hoher Kunstwert zuerkannt
werden kann, von der in Franken, Böhmen und Schlesien vertretenen Richtung am
neisten beeinflusst zeigen. Der Zuzug fremder Maler stand teilweise mit dem schon
jerührten Verkaufe ihrer Ware in Krakau, der erst 1490 die erwähnte Einschränkung
arfuhr, im innigen Zusammenhange. Denn das Verbot betreffe dee Verkaufes aus-