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e8 mochte diefem nun fcheinen zur Zeit oder zur Unzeit, Worte
des Lebens, welche, befruchtet und belebt durch die gewaltige
Liebe diefes Mannes, nachmals bei Bielen eine Ausfaat für Zeit
und Ewigkeit geworden find.
Was nun abe endlich Drittens andern Freunden öfters
am wenigften in den Kopf wollte, war das freundliche Beneh-
men unfers Seligen gegen arme, in Sünden und Sünden
elend verfunkene Naturen. Wir haben hiervon auch fehon im
12ten Abfchnitte einzelne Züge Fennen gelernt. Aber auch hier
hat die Geduld und die Liebe unfers Seligen einzelne fchon bhie=
nieden bekannt gewordene Früchte getragen, wovon fchon jede
einzelne nach 1 Petri 4, VB. 8 „der Sünden Menge bededfen
Fönnte“s denn er ift auch In diefem Lazareth der Metter mehr
al8 einer Menfchenfeele geworden. Eins war dabei noch, was
den Brüdern an unferm Seligen oft noch fchwerer eingehen wollte,
als die Milde gegen folche Sünder, die noch überhaupt „draußen“
find: die Freundlichkeit, das liebevolle Nachgeben gegen arme
abgewichene Brüder, die einmal fein liefen, und nun von einer
fchweren Berfuchungsftunde darniedergefällt wurden. Unfer feliger
Kießling dachte hierin, befonders in den reiferen Jahren, ges
ade fo wie der felige ESper, von welchem wir hier auch eine dahin
paffende Stelle aus einem Brief an Kießling mittheilen wollen.
„Uttenreuth, 3ten Sept, 1777.04
„Hierneben erhalten Sie zugleich Herrn MW.’8 Brief. Ich
muß beFennen, gleich der Anfang deffelben hat mich gerührt.
Bei meinem erften Befuch hatte ich nun freilich den gebeugten
Sinn, wie ich mir ihn dachte, noch nicht gefunden. AUWber wie
oft pflegen wir zu fchematifch von Anderen zu denken! Wir find
eben jeßt in der Faffung, und wollen, gerade in der fol zu
diefer Stunde auch der Andere fein. If er’S nicht, fo ftoßen
wir un8z oftmaliges Stoßen follte uns aber doch bedächtiger
machen; fo ift e8 mir gegangen, und fo geht e& mir Leider noch
oft. Nun febhe ich, es ift Herrn W. Ernft, Ihre Liebe wies
ber zu haben. Ich an meinem Theil habe nie deraleichen Er-
Häruna von ibm erhalten. #