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Achtzehntes Kapitel.
in Nürnberg, „unter der Feste“, dem Vaterhause Dürers schräg
gegenüber. Er war zehn Jahre jünger als dieser, gehörte aber
zu dessen begeistertsten Verehrern.
Das gab nun eine herzliche Begrüßung, dann näherten sich
die Künstler und etliche Nobili mit lautem Willkommen und
rührten den lieben Gast wie im Triumph nach dem Markt,
allwo sie ihn in die Zunftstube der Maler nötigten, da sollte
der eigentliche Empfang geschehen. Das Herz wurde Dürer
warm, als er in diese Gesichter sah, aus denen ihn ungeheu—
cheltes Wohlwollen und ungefärbte Verehrung anschaute.
Auf einen Wink des greisen Francesco Raibolini trat ein
jüngerer Mann hervor, ebenfalls ein Maler, der sich Luca Pa—
rioli nannte, eine stattliche Gestalt mit einem mächtigen, glän—
zenden Augenpaar und wallendem, rabenschwarzem Lockenhaar.
Der that seinen Mund auf und sprach: „Heil ist heute unsrer
Stadt Bologna widerfahren, daß sie solchen Gast in ihren
Mauern beherbergt, den Ruhm und Ehre wie ein Heiligenschein
umstrahlt, der, wohin er kommt, Triumphe feiert und alles zur
Verehrung zwingt! Wir neigen uns vor Euch, Meister Albrecht
Dürer, als vor dem größten aller Maler der Welt, zu dessen
einsamen Höhe niemand hinaufgekommen ist noch auch wohl je
hinaufkommen wird. Bologna neidete Venedig um den hohen
Gast — nun ist die Mißgunst still geworden, da der Meister
aller Meister es nicht verschmähet hat, auch in Bolognas Thor
einzuziehen, und leichter wird uns nun das Sterben sein, nach—
dem wir den mit Augen gesehen, nach welchem lange unsres
Herzens Sehnen gegangen. So seid gegrüßt, Meister Dürer,
seid viel tausendmal gegrüßt in unsrer guten Stadt!“
Den Worten folgte eine tiefe Stille: Dürer fand in der
Verwirrung über solche Überschwenglichkeiten, welche die von
Ferrara noch überboten, nicht sogleich eine schickliche Gegenrede.