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„Summa all meiner Gedicht vom 1514. Jahr an bis in's 1567. Jahr“
(ged. am 1. Tag des Januarii 1567). Diesem Gedichte verdanken wir
die bereits oben wiedergegebenen Notizen über des Dichters Leben und
Wirken.
An dasselbe knüpft sich folgendes interessante Erlebniß des Dichters:
Als Sachs das Gedicht eben vollendet hatte, besuchte ihn der Maler
Andreas Herneysen. Dieser war mit dem Ausmalen eines Chores bei
dem Abt von Allersbach bei Vilshofen beschäftigt und hatte von demselben
den Auftrag erhalten, sich nach dem Dichter Hans Sachs zu erkundigen.
Der Abt hatte nämlich gehört, Hans Sachs sei gestorben. Sachs schenkte
dem Maler sein Valete und fügte als Widmung einige Verse hinzu, die
mit den Worten schließen:
„Drin (in dem Valete) soll er mein Arbeit und Wesen
Vorgedachtem Abt lassen lesen;
Das wird mir, Hans Sachs, Zeugniß geben,
Daß ich noch bin gewiß am Leben.“
Zum Dank zeichnete Herneysen ein Bild des Dichters, als dieser
81 Jahre 2 Monate alt war, welches zu Neujahr 1576, wenige Wochen
vor seinem Tode, als Holzschnitt im Oruck erschien.
Eine Ergänzung zu diesen Nachrichten aus Sachsens Leben finden
wir in dem Gedichte vom 26. Feber 1568: „Die Werk Gottes sind alle
gut, wer sie im Geist erkennen thut.“ Darin berichtet er uns über seine
Erziehung, über die allmälige Entwicklung seiner dichterischen Thätigkeit,
über sein häusliches Glück, wie er durch fleißigen Betrieb seines Hand—
werkes zu Wohlhabenheit gelangt sei, wie jedoch dadurch Hochmuth und
Hoffart über ihn Herr geworden seien; er habe auf Gott vergessen und
sei in Sünde verfallen, weshalb ihn Reue und Verzweiflung gepeinigt
haben. — Welcher Art diese Schuld war, ist nicht bekannt. — Gottes
strafende Hand (erblickte er diese darin, daß seine J Kinder alle vor ihm
starben?) habe ihn zur Erkenntniß seiner Nichtigkeit geführt, er habe sich
wieder Gott zugewendet und seine Ruhe wiedergefunden.
Dieses Gedicht zeugt ebenso von des Dichters frommem, gottesfürch—
tigem Sinn, wie das bereits S. 4 erwähnte „Der wunderliche Traum
von meiner abgeschiedenen lieben Gemahlin Kunigund Sächsin“. In diesem
erwähnt Sachs, daß ihm vor Jahren in einem ähnlichen Traume der kurz
vorher verstorbene Lienhardt Nunnenbeck, sein Lehrmeister im Meistergesange,
auf seine Fragen nach dem Leben im Jenseits dieselbe Antwort gegeben
habe wie seine Gemahlin: beide verwiesen ihn auf die Worte der Bibel.
In dem Gedichte „Das künstlich Frauenlob ' vom 4. September
1562 besingt der glückliche Ehemann in begeisterter Weise die leiblichen
und geistigen Vorzüge seiner zweiten Gattin Barbara geb. Harscher. Er
kann nicht Worte genug finden, sie zu preisen; die schönste und anspruchs—
vollste Frau unserer Zeit würde wohl mit diesem Lobe zufrieden sein: