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„Erst beichten, dann die Belohnung,“ rief sie lachend, sprang
schnell auf und lief hinter den Tisch, auf den sie beide Hände
aufstemmte.
Er versuchte sie festzuhalten, allein vergeblich; sie wich ihm
gewandt aus und rief; „Nein, nicht eher bekommen der Herr
Graf einen Kuß, als bis ich alles weiß!“
„Nun, das wollen wir doch einmal sehen,“ lachte Bartholomäus
übermütig und wollte sie haschen, während sie flugs auf die
andre Seite des Tisches huschte.
Und nun tollten sie wie die Kinder um den Tisch herum,
der gelehrte Herr Graf Bartholomäus Khevenhiller und das
ehrsame und sich ihrer Würde als Braut sonst so bewußte Fräulein
Eleonore von Jörger und vergaßen ganz und gar, daß sie dabei
einen ziemlichen Lärm verursachten.
Plötzlich riß Eleonore einen schweren Stuhl um und wäre
unfehlbar darüber gefallen, hätte sie ihr Bräutigam nicht auf⸗
gefangen. Und während sie hochrot und außer Ätem an seiner
Brust lag und das Köpfchen seinem Munde zu entziehen trachtete,
wogegen er sich Mühe gab, ihre Lippen zu finden, hatten sie,
nur mit sich selbst beschäftigt, gar nicht bemerkt, wie die Thür
zum Nebenzimmer aufgegangen war und Frau Regina und der
Freiherr Septimus hereinschauten.
Erst als sich ihre Lippen fanden — und gar zu wider—
spenstig war das junge Fräulein ja nicht gewesen schreckte sie
die Stimme Jörgers auf:
„Da seh' einer die Kindsköpfe an,“ meinte er gutmütig
spottend, indem er sich Mühe gab, einen strafenden Ton anzu—
schlagen; „nicht einen Moment darf man sie ohne Aufsicht lassen.
Schickt sich das für ein ehrbares Brautpaar? Da werden wir
wohl noch etwas länger mit der Hochzeit warten müsfen, bis die
Herrschaften gesetzter geworden sind.“
Die Überraschten fuhren auseinander, und Eleonore stieß
einen kleinen Schrei aus. Dann standen fie sehr verlegen wie
ertappte Verbrecher da, während Frau Regina denm aliten Freunde
zuflüsterte: „Oder die Hochzeit beschleunigen.“ Der lächelte ver—
ständnisvoll.
„Was habt Ihr denn nur gemacht?“ fragte Jörger lachend,
als er die durch das Herumtollen verursadie Unordnung im
Zimmer übersah.
„Ach, lieber Vater,“ kam es zaghaft von den Lippen
Eleonorens, wobei sie einen schnellen, halb verschämten, halb