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Schule zu Wittenberg besuchte und nun Leutnant im Regiment
der Königin ist; er ritt vor dem Wagen des Herrn Pfalzgrafen.
Schlippenbach aber ist ein besonderer Günstling der Königin selbst
und des Pfalzgrafen.“
„Man erzählt,“ flüsterte er dem Freiherrn Jörger zu, „er
sei der Königin der liebste aller ihrer Liebhaber.“
Jörger runzelte unwillig die Stirn: „Es ist ein Jammer,
daß diese hochbegabte Fürstin, die Tochter Gustav Adolfs, so
zügellos in ihren Sitten sein soll. Ich hoffe aber, es wird
mehr geredet, als wahr ist.“
So leise auch die letzten Worte zwischen Khevenhiller und
seinem zukünftigen Schwiegersohn gewechselt worden waren, Helena
Elisabeth waren sie dennoch leider nicht entgangen. Bisher hatte
sie sich an dem kleinen Wortgefecht der Freunde nicht beteiligt,
nachdem sie, tief errötend und den Gruß Schlippenbachs erwidernd,
vom Fenster zurückgetreten war. Bei den Worten Khevenhillers
überzog eine jähe Blässe ihr Gesicht, hastig wandte sie sich ab
und machte sich an einer Schleife ihres Gewandes zu schaffen.
Einen Augenblick stockte das Gespräch, dann aber war es
die stets zum Scherzen aufgelegte Eva Jörger, die heiter ausrief:
„Während wir uns hier zanken, ist natürlich Helena wieder, als
würdigste und älteste von uns, still und hoheitsvoll zurückhaltend.
Oder,“ fuhr sie neckend fort, „hat vielleicht einer jener Zankäpfel
hoch zu Roß grade auf Dich einen so ganz besonderen Eindruck
gemacht, daß Du stumm geworden bist wie ein Fisch?“
Unwillig wandte sich Helena ab, während sie hastiger, als
es sonst ihrer ruhigen Art entsprach, zu Eva sagte: „Ich bitte
Dich, unterlaß diese Scherze. Du weißt, ich liebe sie nicht.“
„Sei mir nur nicht böse,“ entgegnete die Gescholtene und
gab ihrer Freundin einen Kuß, „es war gewiß nicht schlimm
gemeint.“ Aber sie bekam keine Antwort. Kopfschüttelnd und
traurig blieb sie einen Augenblick stehen, dann zuckte ein leises,
verständnisvolles Lächeln über das frische Gesichtchen. Sie erwog
in Gedanken schnell Einzelheiten der letzten Tage, die sie bisher
nicht verstanden hatte. Plötzlich ging sie nochmals zu Helena
und umarmte sie zärtlich und diesmal erwiderte die ältere
Freundin herzlich den Kuß. Schnell drehte sich Helena sodann
um und ging zur Thüre hinaus.
War es nicht, als ob es feucht in ihrem Auge glänzte?
Sinnend blieb Eva stehen. O, sie wollte schon hinter das
Geheimnis der angebeteten Freundin kommen und wenn sie efwa