“r
4
T die
“ne
Sen
alle
IR
ln
Zu
he
ei
‚Jer
5m
HS
1A
ar
nl}
ausgelöst wurden. Uebrigens braucht zur Hysterie ein » degeneratives Moment«
sigentlich nicht hinzuzukommen, indem die degenerative Anlage in Folge des
fast stets ererbten Leidens ohnehin schon vorhanden ist und es nur einer
Gelegenheitsursache bedarf, um die schlummernde Krankheit zu wecken.
Die Anästhesie bildet eines der wichtigsten hysterischen Merkmale,
einmal, weil sie objektiv nachweisbar ist, und andererseits, weil es sehr leicht
gelingt, insbesondere, wenn sie eine vollständige ist, den Richter zu über-
zeugen, dass man eine »kranke Person« vor sich habe, was durch den Hinweis
auf die anderen Symptome nicht so leicht gelingt. Es imponirt den Laien
ungemein, dass man einer solchen Person Nadeln bis auf die Beinhaut ein-
stossen kann, ohne dass die geringste Empfindung geäussert wird. Man soll
nie versäumen, vor Gericht dieses Symptom ins gehörige Licht zu setzen,
namentlich in Fällen, in denen die Geisteskraft ungeschwächt erscheint und
die Richter, welche häufig die Geisteskrankheit lediglich in intellektuellen
Störungen suchen, nur schwer geneigt sind, einen unfreien Zustand bei
Begehung irgend einer strafbaren Handlung anzunehmen,
Dieselbe wichtige Rolle, welche die Anästhesie als körperliches, objektiv
nachweisbares Symptom bei der Hysterie spielt, spielt unter deren psychischen
Symptomen die »Lügenhaftigkeit«. Dieselbe hat so viel Charakteristisches an
sich, dass man bei gehöriger Uebung aus ihr allein in manchen Fällen die
Diagnose auf Hysterie stellen kann. Finden wir sowohl die »hysterische
Anästhesie« als auch die »hysterische Lügenhaftigkeit« wohl ausgebildet bei
einem Individuum vor, so dürfen wir sicher sein, dass wir hysterisches und
nicht degeneratives Irresein schlechthin vor uns haben, mögen die ethischen
Defekte noch so gross und die Verfehlungen gegen das Strafgesetzbuch noch
30 zahlreich sein. Wir wollen nun die gewöhnliche und die hysterische Lüge
einer genaueren Betrachtung unterwerfen.
Die gewöhnliche Lüge. Unter gewöhnlicher Lüge verstehen wir
die bewusste Vortäuschung einer Unwahrheit. Der normale Mensch weiss
deshalb, wenn er lügt, dass er sich einer Unsittlichkeit schuldig macht. Wer
Charakter besitzt, lügt für gewöhnlich nicht. Wenn er lügt, lügt er nur in
unbedeutenden Dingen, um sich oder Andere vor Verlegenheiten zu bewahren
‘Nothlügen), um sich und seine Erzählungen interessanter zu machen (Ueber-
treibungen, Rennomage, Jägerlatein), wenn es im Interesse der Fragenden ist,
die Wahrheit nicht zu erfahren, z. B. bei Kindern in sexuellen Dingen (der
Storch bringt die Kinder), endlich werden im Eifer eines Disputs bona fide
Dinge behauptet, die man bei ruhiger Ueberlegung als nackte Lügen bezeichnen
musste (Affektlügen). Nie lügt der charakterfeste Mensch in wichtigen Dingen,
aie, um Anderen Schaden zu bereiten, noch weniger, wenn er sein Ehrenwort
gibt oder vor Gericht vereidet ist. Beim moralisch defekten Menschen kommt
die Lüge häufig vor und zwar, um sich oder Andere vor Schaden zu bewahren
oder sich oder Anderen einen Nutzen zu verschaffen. Etwas Alltägliches ist
die Lüge vor Gericht. Fast jeder Angeklagte lügt, um sich herauszuhelfen
5ader seine Situation zu verbessern. Der moralisch defekte Mensch scheut