Volltext: Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens des Ärztlichen Vereins Nürnberg

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überwachte die Bedeckung der Augen. Die Kinder waren vom Lehrer vorher 
darauf eingeübt worden, bei jeder Hörwahrnehmung den Finger zu heben. 
Der Platz des Arztes war bei der Tonprüfung hinter dem Kinde, bei der Sprach- 
prüfung seitwärts, Im Uebrigen wurde streng nach Bezolds Methode verfahren, 
und darauf geachtet, dem Kinde jede die Handhabung der Instrumente 
begleitende anderweitige Sinneswahrnehmung, ausser der acustischen fern zu 
halten. Zu diesen Fehlerquellen gehören: Beobachtung des Schattens der 
genäherten Stimmgabel, des Spiegelbildes derselben in der Fensterscheibe, 
Gefühlswahrnehmungen bei Berührung von Härchen vor dem Ohr, Empfindung 
des Lufthauchs beim Anblasen der Pfeifen, Fühlen der Erschütterung beim 
Anschlag der Stimmgabel und dergleichen mehr. Die Haare am Ohr wurden 
mit feuchter Watte glatt an den Kopf gestrichen, bei der Galtonpfeife ein 
Tuch zwischen Ohr und Instrument gehalten, das die Empfindung des Lufthauchs 
an der Haut verhinderte. Es wurde die Bitte an die Lehrer gerichtet, jeden sich 
aufdrängenden Zweifel an der Richtigkeit des Prüfungsergebnisses auszusprechen; 
die Untersuchung wurde alsdann so lange wiederholt, bis Arzt und Lehrer 
von der Zuverlässigkeit der Angaben überzeugt waren. Bei manchen Kindern 
boten sich durch widersprechende Angaben, die nicht selten durch Ermüdung 
und Nachlass der Aufmerksamkeit verschuldet waren, so grosse Schwierig- 
keiten, dass die Untersuchung an einem anderen Tage wiederholt werden 
musste. In den seltenen Fällen, die auch dann kein sicheres Ergebniss boten, 
wurde dies im Protocoll bemerkt. Es handelte sich dabei um halbidiotische 
Kinder, die in Taubstummenanstalten nicht selten sind. 
Im Anschluss an die Funktionssprüfung des Ohres erfolgte dann noch 
die Untersuchung der Gleichgewichtstörung durch schnelles Drehen der Kinder 
und nachheriges Beobachten der Schwindelerscheinungen und des Nystagmus. 
Bezold schliesst aus dem Fehlen der Gleichgewichtsstörungen nach anhaltendem 
Drehen auf Verödung der halbzirkelförmigen Kanäle, und entnimmt diesem 
Befund einen Anhaltspunkt dafür, ob die Taubheit ihren Sitz im Labyrinth 
hat, oder intracraniellen Ursprungs ist. Es sei gleich an dieser Stelle bemerkt, 
dass bei einer grösseren Anzahl von Kindern der nach längerem Drehversuch 
auftretende Nystagmus die Besonderheit zeigte, dass ernur bei einer 
bestimmten Blickrichtung auftrat, und zwar beim Blick nach der 
Seite, nach welcher die Drehung erfolgt war. Hatte man z. B. das 
Kind linksum tanzen lassen, dann traten die horizontalen zuckenden Stösse 
nachher nur beim Linksblick auf. In anderen Fällen war Nystagmus 
zwar auch beim Blick nach der entgegengesetzten Seite zu beobachten, aber 
in weit geringerem Grade, zuweilen nur andeutungsweise. 
Die zur Untersuchung bestimmten 72 Kinder vertheilten sich auf die 3 
Anstalten wie folgt: 
Nürnberg 23 Knaben und 9 Mädchen = 32 Kinder 
Zell I \ x 26 » — 27 » 
Altdorf 9 a 4 ; = 13 
Zusammen 33 Knaben und 39 Mädchen == 72 Kinder 
»
	        
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