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Das Bild ist heute etwas verändert, Man sieht eine zerfressene, missfarbene,
röthlich graue Platte flach das Lumen der Speiseröhre abschliessen, Es gelingt
mit einer harten Sonde, den Fremdkörper zu drehen, so dass man den schmalen
Rand einer Knochenplatte zu Gesicht bekommt, die sich in die Schleimhaut ein-
gespiesst hat. Die benachbarte Schleimhaut zeigte 2 Decubitalulcerationen. Der
Fremdkörper wird vorsichtig unter Leitung des Auges gelockert und wird, da er
zu gross ist, um durch das Oesophagoskop extrahirt zu werden, zu gleicher Zeit
mit dem Oesophagoskop herausgezogen. Die Zange hat 2 Knochenstücke ge-
fasst, das eine 3 cm lang, 1,3 cm breit und 2? mm dick, das andere 1,2 cm
lang, 1 cm breit, beide aashaft stinkend und mit missfarbiger Schmiere bedeckt.
Patient konnte sofort schlucken und wurde zur Vorsicht, um eine eventuelle
Stenose bei der Heilung der Decubitalulcerationen zu verhüten, noch längere
Zeit sondirt.
Hier hat die Oesophagoskopie ein glänzendes Resultat geliefert, In
früherer Zeit würde man zweifelsohne bei einem derartigen Fall die Oesopha-
gotomia externa gemacht haben, aber selbst nach deren Ausführung wäre es
mehr als zweifelhaft gewesen, ob der Fremdkörper zu extrahiren gewesen
wäre. Man hätte im Dunkeln zufassen müssen, wobei die Zange sicher ab-
geglitten wäre. In solchen Fällen ist die Oesophagoskopie die wenigst ein-
greifende, ungefährlichste und meist sicher zum Ziele führende Methode.
Der von mir mitgetheilte Fall ist kein rara avis, So hat v. Hacker!)
25 Fremdkörper mit Hülfe des Oesophagoskops mit glänzendem Erfolg ex-
trahirt (Gebisse, Knochenstücke, Obstkerne, Fleischbissen) und auf dem
Chirurgencongress (1898) ausgeführt, dass er seit Ausübung der Oesopha-
goskopie keine Oesophagotomie mehr nöthig hatte. Gerade bei der Extraction
von Fremdkörpern und der Dilatation und Untersuchung von Stricturen teiert
die Oesophagoskopie ihre schönsten Erfolge,
Man warte aber nicht zu lange und versuche den Fremdkörper bald zu
axtrahiren, bevor er die Wandung der Speiseröhre zu sehr geschädigt oder
gar perforirt hat. Der alte Rath Fischer’s, wenn ein einmaliger Versuch
den Fremdkörper auf natürlichem Wege zu entfernen, misslang, die Oesopha-
gotomie vorzunehmen, darf heute für die Oesophagoskopie gelten, um die
Oesophagotomie zu umgehen. Ausnahmen, dass Fremdkörper lange Zeit in
der Speiseröhre verbleiben können, ohne Schaden anzurichten, finden sich in
der Litteratur?) nicht wenige verzeichnet, so beherbergte ein Oesonphagus ein
Frankenstück 8 Tage, eine Metallschale 2!/, Jahre
Hochenegg*) glaubt, dass die Verwendung der Röntgendurchleuchtung
der »peinlichen Oesophagoskopie: bei der Extraction von Fremdkörpern vor-
zuziehen sei und hält dieselbe für ein der Sondirung und Oesophagoskopie
ebenbürtiges Verfahren. Er kam zu dieser Ansicht auf Grund von gelungenen
Versuchen an Cadavern und Erfolgen an lebenden Menschen. Ebenso ist es
Schüller*) gelungen, ein kleines Knochenstück unter und hinter dem Ring-
') v. Hacker, Beiträge zur klin. Chirurgie. Bd. XXIX. Heft ı. Chirurgencongress 1898
‘\ Schramm, Wiener klin. Wochenschrift 1895. No. 50.
') Hochenegg, Berliner klin, Wochenschrift 1897. No. 14.
') M. Schüller, Berliner klin. Wochenschrift 1897. No.